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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0276
Hans Speidel

der Angriff in erster Linie galt. Einige Bomben fielen in die Gammertinger Straße und ihre
Umgebung, wobei zwei Häuser zerstört und vierzig weitere z.T. schwer beschädigt wurden.
Auch auf dem Sägewerk Wild und bei der Gärtnerei Bauer-Maier entstand erheblicher Schaden.
Bis in die Oberstadt wurden Fensterscheiben eingedrückt. Fünf Menschen mußten bei diesem
Angriff ihr Leben lassen. Dies war der erste und einzige Luftangriff während des Krieges, bei
dem die Stadt Hechingen direkt in Mitleidenschaft gezogen wurde und Menschenleben zu
beklagen waren. Dabei verging in den letzten Kriegsmonaten selten ein Tag, an dem nicht
Bombengeschwader diesen Raum überflogen oder die schnellen und wendigen Jabos in der Luft
aufkreuzten. Diese waren bei der Bevölkerung besonders gefürchtet. Sie tauchten plötzlich auf,
beschossen Eisenbahnzüge und Kraftwagen und sogar Bauern bei der Feldarbeit. Bei einem
solchen Angriff am 27. Februar 1945 geriet auch der Gasbehälter des Hechinger Gaswerks in
Brand, wobei zum Glück niemand zu Schaden kam.

Während die Bevölkerung der Hechinger Nachbargemeinden, die in den letzten Kriegsmonaten
gleichfalls fast täglich durch feindliche Flugzeuge aufgeschreckt wurde, im allgemeinen
mit dem Schrecken davon kam, wurde die Gemeinde Bisingen bei drei Fliegerangriffen
empfindlich getroffen. Beim ersten Angriff am 30. September 1944 entstand Sachschaden und
ein russischer Arbeiter fand den Tod. Beim zweiten Angriff am 9. Dezember 1944 gab es 16 und
beim dritten Angriff am 22. Februar sogar 24 Tote, von denen die meisten im Keller der
Wirtschaft zur »Sonne« Unterschlupf gesucht hatten und dort umkamen. Viele Häuser wurden
total zerstört und über hundert schwer beschädigt. Die beiden ersten Angriffe galten wohl in
erster Linie dem Ölschieferwerk im »Kuhloch«. Beim letzten Angriff hatten es die Flieger auf
die Überführung der Bahnlinie am »Sonnenplatz« in der Nähe des Rathauses vorgesehen.

Die Besetzung und erste Maßnahmen

Die mit Angst und Sorge erwartete Besetzung der Stadt Hechingen erfolgte am 22. April.
Am Vormittag dieses Tages fuhren zwei französische Kraftwagen mit der Trikolore durch die
Straßen der Stadt; sie zogen sich bald wieder zurück. Am Nachmittag kurz nach 16 Uhr kam
dann eine größere Abteilung mit Panzern und gepanzerten Wagen von der Friedrichstraße her
und fuhr über die Neustraße und die Staig zum Schloßplatz und bis zum Marktplatz. Die
Bevölkerung hielt sich ängstlich in ihren Häusern. Einige französische Offiziere gingen zum
Rathaus, wo sie den Vertreter des Bürgermeisters antrafen; der Bürgermeister war zur
Wehrmacht einberufen. Der Stellvertreter des Bürgermeisters versicherte den Offizieren, daß
keine deutschen Soldaten mehr in der Stadt seien und von den Einwohnern niemand Widerstand
leisten würde. Er sei bereit, die Stadt zu übergeben. Wie auch anderwärts wurde von der
Besatzungstruppe daraufhin angeordnet, daß die in der Verwaltung tätigen Beamten auf ihrem
Posten bleiben sollten. Sie wurden angewiesen, künftig die Anordnungen und Befehle der
Besatzung auszuführen. Personelle Änderungen, vor allem bei den leitenden Beamten, traten
meistens erst nach einigen Tagen oder Wochen ein.

Auch auf dem Hechinger Landratsamt erschienen zwei Tage nach dem Einmarsch der
feindlichen Truppen französische Offiziere, die dem Landrat eröffneten, die Amtsgeschäfte
vorerst weiterzuführen und die Anordnungen der Besatzungsmacht zu befolgen und an die
Bürgermeisterämter weiterzuleiten. Die übrigen Behörden wie Bahn und Post sowie die
Gerichte und Schulen blieben vorerst geschlossen. Dagegen mußten die gemeinwirtschaftlichen
Betriebe ihre Arbeit weiterführen.

Für die einheimische Bevölkerung waren die ersten Tage nach der Besetzung die schlimmsten
und aufregendsten. Französische Soldaten - es waren Kolonialtruppen unter dem Befehl
französischer Offiziere und Unteroffziere - durchsuchten mehrfach Häuser nach deutschen
Wehrmachtsangehörigen. Dabei nahmen sie häufig mit, was ihnen gefiel. Besonders hatten sie es
auf Uhren, Schmuck und andere Wertgegenstände abgesehen. Es kam auch mehrfach zu
Belästigungen, vor allem von Frauen, und vereinzelt sogar zu Vergewaltigungen. Durch

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