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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0284
Hans Speidel

gegenüber der deutschen Bevölkerung getragen, aber auch - und hier ganz anders als sein
Vorgänger - von einer vornehmen, fast aristokratisch wirkenden Zurückhaltung. So vermied er
auch jeden engeren persönlichen Verkehr mit deutschen Familien. In seiner Amtsführung war
er peinlich genau und gewissenhaft. Er nahm alles sehr ernst, und häufig beobachtete man bei
ihm einen leidenden Gesichtsausdruck. Nie habe ich in den drei Jahren seiner Hechinger
Amtszeit gesehen, daß er herzlich gelacht hätte. Andererseits war er eine sportliche Erscheinung
. Vor allem war er - auch hier ganz anders als der behäbige, etwas schwerfällig wirkende
Brochu - ein leidenschaftlicher Reiter. Häufig sah man ihn mit seinem Pferd in den Ortschaften
und Wäldern der Hechinger Umgebung.

In seiner Hechinger Amtszeit wohnte Colonel Courtois wie sein Vorgänger in der Villa
Wolf (heutiges Gesundheitsamt) in der Zollerstraße. Als die Diensträume des Gouvernement
Militaire im Januar 1948 vom Direktionsgebäude der Hohenzollerischen Landesbahn in der
Hofgartenstraße in das Forstamtsgebäude in der Fürstenstraße verlegt wurden, wurde auch das
Amtszimmer des Gouverneurs dort untergebracht. Bei Colonel Courtois wohnte zeitweise
auch seine Tochter Annik Courtois. Sie war eine charmante, bescheiden wirkende junge Dame,
die man häufig morgens auf ihrem Gang zur Stadtkirche sah, wo sie, auch werktags, die Messe
besuchte. In der Hechinger Stadtkirche fand auch am 26. Februar 1949 ihre feierliche Trauung
mit dem Lieutenant Alain, Chevalier de Lauzieres, dem Adjutanten des Generals Widmer,
Gouverneur von Württemberg-Hohenzollern, statt. Sie wurde von dem französischen Militärbischof
Picard de la Vacquerie vorgenommen. Die Presse schrieb zu diesem Ereignis, daß »seit
den längst entschwundenen Tagen ihrer Eigenschaft als fürstliche Residenz in der Stadt
Hechingen keine Hochzeitsfeier von einer solch festlich-feierlichen Art« mehr stattgefunden
habe. »Damen und Herren der französischen Gesellschaft, Offiziere französischer Truppenteile
und Angehörige der französischen Militärregierung aus der ganzen französischen Zone«
fanden sich in Hechingen ein. Auch ein großer Teil der Einwohnerschaft der Stadt, die
ausdrücklich eingeladen war, nahm an der Feier teil. Beim Gottesdienst wurde die Mariazeller-
Messe von Haydn durch den Stiftschor aufgeführt. Nach der Messe fand die »Gratulationscour
« der besonders geladenen Gäste (Landrat, Bürgermeister und einige Bekannte des
Colonel) statt. Daraufhin fuhr die französische Gesellschaft nach Tübingen, wo die weltliche
Feier stattfand.

Oberst Courtois war drei Jahre in Hechingen. Mit Wirkung vom ersten September 1950
wurde er in den Ruhestand versetzt und kehrte nach Frankreich zurück. Zu seinem Abschied
lud er Vertreter des öffentlichen Lebens, die mit ihm zusammengearbeitet hatten, in seine
Wohnung in der Zollernstraße ein. In seiner Abschiedsansprache sagte er, daß er mit Bedauern
von einem Land Abschied nehme, das ihm wegen seiner Schönheit, aber auch wegen des Fleißes
und des gesunden Sinns der Bevölkerung ans Herz gewachsen sei. Er hoffe, daß er in den
Grenzen seines Wirkungskreises dazu beigetragen habe, daß sich Franzosen und Deutsche
besser verstehen lernten. Und er schloß mit den Worten: Wir wollen hoffen und glauben, daß
dieses Verstehen die Grundlage ist für ein einträchtiges Europa, darin wir in Freiheit leben und
unsere christliche Kultur weiter entwickeln können.

Der Landrat dankte dem scheidenden Gouverneur im Namen der Anwesenden für die gute
Zusammenarbeit. Für sein persönliches Wohlergehen im Ruhestand wünschte er ihm alles
Gute. Auch der Bürgermeister der Stadt Hechingen und der Stadtpfarrer Baur sprachen
Abschiedsworte.

Seinen Ruhestand verbrachte Oberst Courtois in Cap d'Antibes an der französischen Cote
d'Azur. Etwa Mitte der fünfziger Jahre kam er noch einmal nach Deutschland und besuchte bei
dieser Gelegenheit seine alten Kreisstädte Tübingen und Hechingen. In Hechingen machte er
dem Landrat seine Aufwartung und zeigte großes Interesse an dem damals neu erbauten
Landratsamt in der Heiligkreuzstraße. Courtois Nachfolger war Möns. Maignar, ein Zivilbeamter
, der aber nur noch etwas über ein Jahr in Hechingen war. Das Aufgabengebiet eines
Kreisgouverneurs wurde in den folgenden Jahren immer kleiner und unbedeutender. In der

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