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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0286
Hans Speidel

Um das kulturelle Leben im Kreis zu fördern, wurde im Januar 1947 das »Volksbildungswerk
« für den Kreis Hechingen gegründet. Seine Aufgabe sollte es sein, durch Vorträge über
allgemein interessierende Wissensgebiete sowie über Heimatgeschichte aufklärend zu wirken.
Auch sollten Lehrgänge für die berufliche Bildung abgehalten und die seitherigen musikalischen
Veranstaltungen erweitert werden. Das Volksbildungswerk hat in den Jahrzehnten seines
Bestehens fruchtbare Arbeit geleistet.

Wiedereröffnung der Gerichte

Nach dem Einmarsch der Besatzung ruhte die deutsche Gerichtsbarkeit mehrere Monate.
Erst am 25. Oktober 1945 - mithin nach einem vollen halben Jahr - wurden die Gerichte des
Landgerichtsbezirks Hechingen wieder eröffnet. In der Zwischenzeit wurde ein Justizamtmann
, der nicht Mitglied der NSDAP gewesen war, von den Franzosen mit der Verwaltung des
Landgerichts beauftragt. Ein Justizinspektor verwaltete das Gerichtsgefängnis, in dem die von
den Franzosen wegen Übertretung der Militärgesetze eingelieferten und vom Militärgericht
abgeurteilten Angeklagten untergebracht wurden. Auch waren in der ersten Besatzungszeit
aktive Nationalsozialisten, meist Amtsträger oder solche, die sich im Dritten Reich besonders
hervorgetan hatten, im Gefängnis inhaftiert.

Die feierliche Wiedereröffnung der Gerichte des Landgerichtsbezirks Hechingen im
Hechinger Schwurgerichtssaal, die schon an anderer Stelle erwähnt wurde, stand unter der
Leitung des französischen Gerichtspräsidenten Zehler, der auch die Einsetzung und Vereidigung
der Richter und Beamten des Landgerichts Hechingen sowie der Amtsgerichte Hechingen
, Haigerlich, Balingen und Sigmaringen und der Notare vornahm. Der als erster Landgerichtspräsident
ernannte frühere Tübinger Landgerichtsrat Viktor Renner, der in dieser Sitzung
vereidigt wurde, hat dieses Amt nie angetreten. Renner blieb Landrat in Tübingen und wurde im
Spätherbst 1946 Landesdirektor des Innern im Staatssekretariat für Württemberg-Hohenzol-
lern in Tübingen. Nach Gründung des Südweststaats wurde er Justizminister in Stuttgart. Auch
der als Landgerichtsdirektor eingesetzte Rechtsanwalt Gerhard Sigloch war nie als Richter in
Hechingen tätig. Für das Landgericht Hechingen wurden in dieser Sitzung noch zwei weitere
Richter (Wolff und Heeser) und ein Oberstaatsanwalt (Egelhaaf) vereidigt. Für das Amtsgericht
Hechingen wurden zwei Richter (von Norman und Wiegand) und für die übrigen Amtsgerichte
je ein Richter eingesetzt (für Haigerloch Dr. Bogenrieter, für Balingen Kilian und für
Sigmaringen Gog).

Nach der Vereidigung hielt der Hechinger Kreisgouverneur eine Ansprache, in der er
ausführte, daß er im Auftrag des Generalgouverneurs der französischen Besatzungszone von
Württemberg und Hohenzollern die Neuaufstellung der deutschen Gerichte in den Kreisen
Hechingen, Balingen und Sigmaringen vorzunehmen habe. Die neu eingesetzten Richter
forderte er auf, künftig die Nazigesetze nicht mehr anzuwenden und nur noch nach dem vor
1933 geltenden Recht zu urteilen. Bei allen Entscheidungen müßten die Prinzipien der
abendländischen, christlichen Civilisation, die uns Franzosen und Euch Deutschen dieser
Gegend gemeinsam sind, beachtet werden. In einer sehr eindrucksvollen Schlußansprache wies
der Chef des neu errichteten Staatssekretariats in Tübingen, Staatsrat Professor Carlo Schmid,
auf die besonders verantwortungsvolle Aufgabe des Richters in der schwierigen Nachkriegszeit
hin und schloß diese mit den Worten: Gehen wir nun ans Werk mit der Demut, die dem geziemt,
der weiß, daß er der Diener des Höchsten ist, was den Menschen zu verwirklichen gegeben ist,
der Gerechtigkeit. Unter den weiteren Gästen befanden sich mehrere Vertreter deutscher und
französischer Behörden sowie kirchlicher Stellen (u. a. der Erzabt von Beuron). Auch der Fürst
und die Fürstin von Hohenzollern befanden sich unter den geladenen Gästen.

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