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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0294
Hans Speidel

Dachwohnungen, die nur wenig Baumaterial erforderten. Einige holten sich auch in den vom
Borkenkäfer befallenen Waldungen Bauholz, das sie selbst schlugen und aufarbeiteten. Aber
dies waren Einzelfälle, die das Wohnungsproblem nicht lösten.

Schon bald nach der Währungsreform befaßte sich die Kreisverwaltung mit dem Plan, durch
Gründung einer Kreisbaugenossenschaft den Bau billiger und einfacher Kleinwohnungen zu
ermöglichen und dadurch die drückende Wohnungsnot wenigstens einigermaßen zu lindern.
Nach mehreren Vorverhandlungen mit verschiedenen Stellen kam es dann auch am 12. April
1949 zur Gründungsversammlung, in der neben der Kreisverwaltung, der Stadt Hechingen und
mehreren Kreisgemeinden auch Vertreter von Industrie und Gewerbe sowie die Hohenzolleri-
sche Landesbank der Genossenschaft beitraten. Schon im Jahr darauf konnte diese eine
beachtliche Bautätigkeit im Kreis entfalten. In Hechingen, Burladingen und Bisingen wurde mit
dem Bau von insgesamt 163 Wohneinheiten begonnen, von denen die ersten schon gegen Ende
des Jahres 1950 bezogen werden konnten. Dabei handelte es sich überwiegend um Eigentumswohnungen
, die vor allem Heimatvertriebenen zur Verfügung gestellt wurden. Ihre Finanzierung
wurde durch Zuteilung beachtlicher Bauzuschüsse vom Land Württemberg-Hohenzol-
lern ermöglicht. Auch einige Industriebetriebe des Kreises hatten Darlehen zur Verfügung
gestellt. Nur etwa 10% der Bausumme mußte der Bauherr selbst für eine Wohneinheit
aufbringen. Heute klingt es fast wie ein Märchen, daß die Baukosten für die ersten Siedlungshäuser
in den Jahren 1950 und 1951 bei etwa 13000 bis 17000 DM lagen. Einige Zeit später
errichteten auch andere Bauträger Siedlungen und Wohngebäude im Kreis Hechingen. In der
Kreisstadt baute die Württembergische Landsiedlung auf dem Gelände »Fasanengarten« im
ersten Bauabschnitt 100 Wohneinheiten, denen später weitere folgten. In Burladingen entstand
an der »Steingrube« eine Siedlung der Württembergischen Heimstätte. Mehrere Kreisgemeinden
errichteten Wohngebäude in eigener Regie und die Pfarrgemeinde Grosselfingen baute
20 Wohnungen für Flüchtlinge. Auch die Bautätigkeit von privaten Bauherren kam wieder
langsam in Gang und wurde von dem Land durch günstige Darlehen gefördert. So entstand in
den Jahren 1950 und 1951 eine beachtliche Anzahl neuer Wohnungen, und vielen, vor allem
unter den Heimatvertriebenen, konnte geholfen werden.

Die Eingliederung und das Zusammenleben mit den Einheimischen

Solange die Flüchtlinge in den Lagern lebten, war ihre Eingliederung und ihr Einleben in die
Gemeinschaft mit den Einheimischen nur sehr beschränkt möglich. Sie waren dort unter sich,
wurden in einer Gemeinschaftsküche verpflegt und hatten nur wenig Verbindung mit den
Menschen draußen. Es mußte daher das Bestreben der Verantwortlichen sein, den Lageraufenthalt
möglichst abzukürzen. Für die dem Kreis Hechingen zugewiesenen Flüchtlinge wurde in
den meisten Fällen bald eine Unterkunft und, was genau so wichtig war, auch ein Arbeitsplatz
gefunden. Die einheimische Industrie, die sich wieder erholt hatte, konnte einen großen Teil
von ihnen aufnehmen. Manche fanden auch in den Industriebetrieben der Nachbarkreise
Arbeit. Die Einrichtung der den Heimatvertriebenen zugewiesenen Wohnungen wurde durch
ein vom Staatskommissar für die Umsiedlung eingeführtes Möbelbeschaffungsprogramm
ermöglicht. Der Preis für diese Anschaffungen konnte durch zentralen Einkauf, günstige
Zahlungsbedingungen und große Staatszuschüsse äußerst niedrig gehalten werden. Auch durch
die Hausratshilfe, die das Kreissozialamt für besonders Hilfsbedürftige gewährte, flössen den
Heimatvertriebenen Mittel für den Möbeleinkauf zu. Da sich die Ernährungslage nach der
Währungsreform im Sommer 1948 allmählich entspannte, konnte auch der Lebensunterhalt für
die Neuankömmlinge in ausreichendem Maße sichergestellt werden. In verhältnismäßig kurzer
Zeit wurden somit in unserem Land die Voraussetzungen für die wirtschaftliche Eingliederung
der Flüchtlinge geschaffen.

Schwieriger war und längere Zeit brauchte die »geistige Eingliederung« der Heimatvertriebenen
in die neuen Verhältnisse und in ihre neue Heimat. Vieles war ja hier so ganz anders als zu

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