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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0295
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

Hause in Schlesien oder Ostpreußen: andere Lebensgewohnheiten, andere Bräuche, ein anderer
Dialekt, oft auch eine andere Religion. Damals waren in den meisten Landgemeinden des
Kreises fast alle Einwohner katholisch, während unter den Heimatvertriebenen viele protestantisch
waren. Die Neuen vermißten ihre Freunde und Bekannten. Die Einheimischen waren oft
zugeknöpft, sahen weniger die Heimatvertriebenen in ihnen als die Eindringlinge. So war es für
die Kreisverwaltung wie auch für die Gemeinden eine wichtige Aufgabe, Unterschiede und
Gegensätze zu überbrücken. Man berief Vertreter der Heimatvertriebenen in verschiedene
Ausschüsse auf Gemeinde- wie auch Kreisebene, um gegenteilige Meinungen möglichst
aufeinander abzustimmen. Langjähriges Mitglied des Hechinger Stadtrats und des Kreistags
war der aus Schlesien stammende Rektor a.D. Schumann, der sich als Vertrauensmann der
Heimatvertriebenen für deren Anliegen in besonderem Maße einsetzte und in Anerkennung
seiner Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Um die Sorgen und
Anliegen der Donauschwaben hatte sich der Notar a. D. Johann Meng besonders angenommen;
auch seine unermüdliche Tätigkeit fand durch Verleihung des Bundesverdienstkreuzes Anerkennung
. Aber auch die öffentlichen Stellen gaben sich alle Mühe, zu helfen, wo immer es
möglich war. Von einer Zurückhaltung der Einheimischen war bald nichts mehr zu spüren. Man
traf sich bei gemeinsamen Festen und anderen Gelegenheiten. Die verschiedenen Vereine in
Stadt und Land nahmen viele, vor allem jüngere Neuankömmlinge, in ihre Reihen auf. Dabei
wurden Freundschaften geschlossen, und bald kam es auch zu Eheschließungen von Heimatvertriebenen
mit Einheimischen. So lösten sich das Zusammenfinden und Zusammenleben im
Lauf der Jahre ganz von selbst, und rückblickend darf man festhalten, daß dieser Eingliederungsprozeß
besser und schneller vonstatten ging, als alle, die dabei mithalfen, dies erwartet
hatten.

5. DIE ENTNAZIFIZIERUNG

Eine der umstrittensten Maßnahmen der ersten Nachkriegszeit war die im ganzen Bundesgebiet
durchgeführte »politische Säuberung«. In weiten Kreisen der Bevölkerung war diese
unpopulär und stellte die damit Befaßten nicht selten vor eine schwierige Aufgabe. Auch bei den
Besatzungsmächten war die Einstellung zu dieser Frage nicht einheitlich. In der amerikanischen
Besatzungszone, zu der damals Nordwürttemberg und Nordbaden gehörten, galt jeder Beamte
und Angestellte durch seine Zugehörigkeit zur NSDAP oder einer ihrer Gliederungen (SA, SS,
NSKK) als belastet und hatte mit seiner sofortigen Entlassung zu rechnen. In der französischen
Zone, zu der Südwürttemberg und Hohenzollern gehörten, war in jedem Einzelfall zu prüfen,
ob der Betroffene ein altes, schon vor 1933 eingetretenes oder sehr aktives Parteimitglied
gewesen war, oder aber ob er nur zufällig oder aus einer gewissen Zwangslage zur Partei
gekommen war. Im letzteren Fall konnte von einer Entlassung abgesehen werden. Wegen dieser
großzügigen Handhabung bei der Personalsäuberung soll der damalige Ministerpräsident von
Nordwürttemberg-Nordbaden Reinhold Maier, wie Ministerialrat Künzel auf der Landrätetagung
in Saulgau im Sommer 1946 sagte, die französische Zone als das Eldorado der Duldsamkeit
für politisch Belastete bezeichnet haben. Allerdings wurden die Säuberungsmaßnahmen auch in
Südwürttemberg und Hohenzollern in den einzelnen Kreisen sehr unterschiedlich gehandhabt.
Ihre Durchführung hing sehr wesentlich von der Einstellung des jeweiligen Kreisgouverneurs,
z.T. auch von dem jeweiligen Sicherheitsoffizier und nicht zuletzt von den deutschen
Verwaltungsstellen ab. So konnten Belastete in einzelnen Kreisen länger im Amt bleiben oder
ihrer bisherigen Tätigkeit nachgehen, während anderwärts unbelastete Mitläufer oder nur
nominelle Parteimitglieder sofort entlassen wurden. Manchmal konnten sich auch Maßnahmen,
die während des Krieges auf Anordnung des NS Regimes durchgeführt wurden, nachteilig für
die zwangsweise damit Befaßten auswirken, wie dies bei den mit der Verschickung der
Hechinger und Haigerlocher Juden beauftragten Beamten im Kreis Hechingen der Fall war.

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