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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0297
Der Landkreis Hechingen 1945-1955

Gegen etwa die Hälfte der vom Ausschuß geprüften Personen sollten mithin keine
Sühnemaßnahmen eingeleitet werden. Bei den übrigen - meist Beamten - wurde überwiegend
eine Zurückstufung um eine oder zwei Besoldungsstufen in Vorschlag gebracht. In der gleichen
Weise wurde auch in den späteren Sitzungen des Ausschusses verfahren.

Der Säuberungskommissar

Die Säuberungsaktion sollte nach Anordnung der Militärregierung in zwei bis drei Monaten
im ganzen Land durchgeführt werden. Das war aber nicht möglich, zumal die Ausschüsse in den
einzelnen Kreisen sehr uneinheitlich und zum Teil auch sehr schleppend arbeiteten. Um diese
schwierige Arbeit besser voranzutreiben und ihre Durchführung zu vereinheitlichen, entschloß
sich das Direktorium in Tübingen am 16. April 1946, eine besondere Dienststelle für die
politische Säuberung zu schaffen, den »Säuberungskommissar«, der »die letzte Instanz in allen
diesen Dingen sein sollte«, so Staatsrat Prof. Schmid auf der Landrätetagung in Tettnang am
4. Mai 1946. Mit diesem unpopulären Amt betraute das Staatssekretariat Otto Künzel, den
Stellvertreter des Oberbürgermeisters von Reutlingen. Außerdem erließ das Staatssekretariat
am 28. Mai 1946 eine umfassende Rechtsanordnung, die das gesamte Säuberungsrecht systematisch
regelte. Danach sollten nicht nur Angehörige des öffentlichen Dienstes, sondern auch
Personen aus dem kulturellen und wirtschaftlichen Bereich bei der Entnazifizierung erfaßt
werden. Infolgedessen wurden weitere Säuberungsausschüsse gebildet, so z.B. für die Wirtschaft
und für einzelne Berufsgruppen (Ärzte, Rechtsanwälte). Auch wurden die »Sühnemaßnahmen
« für belastete Nationalsozialisten in der neuen Rechtsanordnung erweitert und variiert.
Neben den bisher üblichen Rückstufungen und Versetzungen konnten auch auf Versagung des
Wahlrechts, Untersagung verschiedener Tätigkeiten (z.B. Unterrichtsverbot für Lehrer),
Wohnsitz- und Aufenthaltsbeschränkung (Kreisverbot) erkannt sowie Eingriffe in das Vermögen
der Belasteten vorgenommen werden. An der Abfassung dieser neuen Rechtsanordnung
war der damalige Hechinger Amtsgerichtsrat und spätere Bundesrichter Dr. Alexander von
Normann wesentlich beteiligt.

Die Kreisuntersuchungsausschüsse beurteilten das Verhalten der Belasteten während des
Dritten Reichs im allgemeinen wohlwollend und brachten nur geringe Sühnemaßnahmen in
Vorschlag. Der Staatskommissar dagegen legte in seiner Beurteilung häufig einen strengeren
Maßstab an, so daß die Entscheidung der Militärregierung in vielen Fällen wesentlich von den
Vorschlägen der Kreisuntersuchungsausschüsse abwichen. Dies führte zu einer heftigen Kritik
sowohl bei den Ausschußmitgliedern wie auch in der breiteren Öffentlichkeit. Man warf dem
Staatskommissar vor allem vor, daß er den persönlichen Verhältnissen im Einzelfall zu wenig
Rechnung trage und häufig zu hart urteile. Auch zwischen einigen Dienststellen des Staatssekretariats
in Tübingen und dem Staatskommissar gab es über die Durchführung der Entnazifizierung
des öfteren Meinungsverschiedenheiten. Diese Unstimmigkeiten führten nach der ersten
Landtagswahl in Südwürttemberg und Hohenzollern am 18. Mai 1947, bei der die CDU 205 037
von 378333 gültigen Stimmen erhalten hatte, zur Ablösung des der SPD angehörenden
Staatskommissars Künzel. Als sein Nachfolger wurde am 24.Juni 1947 der Hechinger
Justizamtmann Anton Traber (CDU) zum Staatskommissar für die politische Säuberung
bestellt.

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