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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0317
Besprechungen

anderes - so die Widerstände gegen die preußischen Unionsbestrebungen - allzu lange herunterspielte. An
seine Person knüpft sich zudem ein Befund, den man hervorheben möchte. Während die eigentüchen
Konservativen Preußens, die Kreuzzeitungsleute, die Nationalstaatsideologie noch als »Nationalitäten-
Schwindel« abtaten, hat sie der nicht minder konservative Savigny, als Sohn des großen Rechtshistorikers
Friedrich Karl von Savigny von freilich anderer Herkunft, konsequent aus ihrem liberal-demokratischen
Ursprung gelöst und sie dem alten Preußen zur Vollstreckung anheimgegeben und dies in einer
Ausschließlichkeit, daß ihm selbst »diese Herren« - gemeint jene Liberalen, die zur Zeit des Erfurter
Parlaments die Politik Preußens unter Preisgabe wesentlicher liberaler Programmpunkte aus der Paulskirche
unterstützten - als Bundesgenossen suspekt blieben. Abschließend sei die sorgfältige Herausgabe der
Dokumente und ihre leichte Zugänglichkeit dank eines Sach- und Personenregisters hervorgehoben.

Nachzutragen wäre, daß Real die Gelegenheit nutzte, ein neues Buch über »Die Revolution in Baden
1848/49« vorzulegen (Stuttgart: Kohlhammer 1983. 204S. 49.80DM). Die komprimierte Darstellung sei
ohne Einschränkung zur Lektüre empfohlen. Real ist ferner der Herausgeber von »Karl Friedrich von
Savigny 1814-1875. Briefe, Akten, Aufzeichnungen aus dem Nachlaß eines preußischen Diplomaten aus
der Reichsgründungszeit«. 2 Bände (Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20.Jahrhunderts, Band
53,1.2.) Boppard: Boldt 1981, 340.-DM. Die Dokumente stammen aus dem Familienarchiv der Savignys
auf Schloß Trages in Hessen. Sie geben Aufschluß über die Aktivitäten eines preußischen Berufsdiplomaten
wie über die des späteren Savigny, der nach 1866 mit Bismarck brach, zum Mitbegründer des Zentrums
wurde und sich dann in das preußische Abgeordnetenhaus wie in den Reichstag wählen ließ. Dank
zahlreicher Briefe und Aufzeichnungen aus dem persönlichen wie familiären Umfeld sind die beiden Bände
aber auch aufschlußreich für die Mentalitäten und Verhaltensweisen einer gehobenen Gesellschaftsschicht.

Mainz Hugo Lacher

Uwe Jens Wandel: Verdacht auf Demokratismus? Studien zur Geschichte von Stadt und Universität
Tübingen im Zeitalter der Französischen Revolution. Tübingen: Mohr 1981. XXII, 249S. (Contuber-
nium, Band 31).

»Das Jahr 1789 brachte in Tübingen einen großen Teil des Alten ins Wanken durch einen Brand, der...
im Schweinestall eines Professors ausbrach« und binnen kurzem an die 50 Häuser in Asche legte (S. 47). Es
war also nicht jener, das Alte vernichtende Brand, der in Paris aufloderte, und gezündelt hat auch nicht jene
barbusige Dame, die uns Delacroix als Symbolfigur der Revolution hinterlassen hat, sondern eine Magd, die
mit einer defekten Laterne hantierte. Sollte dies nun charakteristisch sein für das, was sich 1789 an der Seine
tat und was am Neckar? In etwa ja, denn was immer auch Wandel zum Thema Tübingen und die
Demokratie an neuem Material zusammentrug, an neuen Namen nannte, an Ansätzen zu Gruppenbildungen
aufzeigte und an Wegen, auf denen Revolutionsideen nach Tübingen gelangten - vorwiegend durch
Studenten aus dem Elsaß, dem württembergischen Mömpelgard etwa -, am Ende mußte auch er - in
Übereinstimmung mit der Obrigkeit - beim Verdacht auf Demokratismus bleiben. In einem zweiten Thema
schildert Wandel die Reformbestrebungen der Universität. Dabei folgt er den Regierungszeiten von
Württembergs Herzögen. Am Anfang also Karl Eugen, der ein aufgeklärter Fürst und daher auch Reformen
zugetan war, nur was er schuf - und dies durchaus modern - war die Karlsschule in Stuttgart, von Stadt und
Universität Tübingen als existenzbedrohend empfunden, aber eben deshalb auch wenigstens zu Reformversuchen
anspornend. Schon der Nachfolger Karl Eugens hat die Karlsschule wieder aufgelöst. Doch dann
kamen die Revolutionswirren, und das Geld wurde knapp. Trotzdem konnte auch da noch einiges erreicht
werden, etwa die Einrichtung eines Klinikums. Herzog Friedrich schließlich, der spätere König, sollte sich
auch der Universität gegenüber als Autokrat erweisen, indem er die traditionsreiche Selbstverwaltung
aufhob, damit freilich auch den Weg für Reformen von oben freilegte. Fazit: Um 1770 hatte Tübingen keine
moderne Universität. Wer als Lehrender oder Lernender auf sich hielt, sah sich anderswo um. Dagegen kam
auch der frische Wind nicht an, der von der neu gegründeten Universität Göttingen ausging, noch war
Tübingen ein Humboldt beschert. Die Herzöge zeigten wenig Zielstrebigkeit, noch weniger die Landschaft,
und die Universität selber fand zu keinem überzeugenden Programm. Dazu kamen mancher Zwist
zwischen Stadt und Universität, Eifersüchteleien der Professoren und vor allem die vorherrschende
Orthodoxie, die jeden zügigen Fortschritt blockierte. Was unter diesen Umständen möglich war, war eine
Politik der kleinen Schritte, die wohl noch deutlicher geworden wäre, wenn Wandel gelegentlich stärker
über den Zaun geblickt hätte. Zum Vergleich hätte sich die bis aufs Jahr gleichaltrige Universität in Mainz
angeboten, damit eine katholische und in einem geistlichen Kurfürstentum gelegene Anstalt, an der die

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