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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0319
Besprechungen

ger in einem Schnelldurchgang auf den letzten vier Seiten abgehandelt. Die Geschichte der Arbeiterbewegung
in Oberschwaben ist nun gänzlich unter den Tisch gefallen.

Daß die »... Kenntnis der Gewerkschaftsarbeit aus eigener Anschauung...« (S. 8) fragliche historische
Wertungen zu vermeiden helfe, daß (Klassen?-)»Instinkt« (S. 8) realitätsentsprechende Aufklärung ersetzen
könne, dafür bietet Dietenberger so manch treffenden Gegenbeweis. Die Haltung der KPD zum Kapp-
Putsch (S. 90) mag an dieser Stelle als Beispiel genügen, denn die KPD, von Dietenberger sofort in die Reihe
der Generalstreikenden eingereiht, hatte in ihrem ersten Flugblatt zum Kapp-Putsch von einem Generalstreik
abgeraten.

Dem von Dietenberger reklamierten »mitdenkenden und mitarbeitenden« (S. 8) Leser wird Mitdenken
und Mitarbeit nicht leichtgemacht, denn Quellenangaben, die dem Leser die Mitarbeit ermöglichen, fehlen
fast völlig. Nur an einer einzigen Stelle (S. 108) wird der Leser auf einen Fundstellenhinweis aus einem
Archiv verwiesen! Manfred Dietenbergers Publikation ist summa summarum ein wenig gelungener Beitrag
»Zur Geschichte der Arbeiterbewegung in Oberschwaben«. Zu wünschen wäre, daß sich Manfred
Dietenberger in einer Neubearbeitung auf die Oberschwäbische Arbeiterbewegung konzentriert und damit
den Anspruch, Geschichte durch Regionalisierung begreifbar und verständlich zu machen, einlöst. Die
»Rückeroberung der eigenen Geschichte« darf sich dabei nicht den mehr oder minder unbequemen
Wahrheiten verschließen, denn die idealisierte Geschichte der Beherrschten ist sicherlich nicht geeignet
»...sich mit ihrer Hilfe von obrigkeitshörigem Denken zu befreien« (S. 7).

Darmstadt Lutz W. Ewald

Gunther Mai: Kriegswirtschaft und Arbeiterbewegung in Württemberg 1914-1918. Stuttgart: Klett-Cotta
1983. 487 S. (Industrielle Welt, Band 35).

Die 1981 als Habilitationsschrift in Marburg angenommene Arbeit, die für den Druck stark gekürzt und
überarbeitet wurde, zerfällt in drei Teile. Im ersten - »Die Grundlagen« - werden die »Wirtschafts- und
Sozialstruktur Württembergs vor und während des Ersten Weltkrieges«, »Die Arbeiterschaft im Krieg« und
»Die Militärbehörden« behandelt. Im zweiten und umfangreichsten Teil geht es um das Ende 1916
verabschiedete Hilfsdienstgesetz, und der dritte Teil beschäftigt sich mit den Arbeits- und Lebensbedingungen
.

Das Ziel der Arbeit, soweit dies aus der Einleitung ersichtlich wird, ist es, eine Geschichte der
Arbeiterbewegung im Weltkrieg am Beispiel Württembergs zu schreiben. Diese dürfe sich, wie Mai zurecht
betont, nicht auf eine Organisations- und Ideologiegeschichte beschränken, sondern müsse »in den
Gesamtrahmen der sozio-ökonomischen Bedingungen, der besonderen Lebens- und Arbeitsbedingungen
der Kriegswirtschaft eingebettet werden« (S. 32). Eine Untersuchung Württembergs bot sich vor allem
aufgrund der günstigen Quellenlage an. So liegen hier nicht nur die Akten der zivilen Behörden nahezu
vollständig vor, sondern auch diejenigen der militärischen. Außerdem deckte sich das Gebiet des
stellvertretenden Generalkommandos des XIII. Armeekorps genau mit dem Königreich Württemberg.
Trotzdem versteht sich die Arbeit nicht nur als Regionalstudie, »sondern zugleich auch als eine Fallstudie
von überregionaler Bedeutung« (S. 34).

Auf ein Problem des Buches weist Mai in der Einleitung selbst hin. Die fast ausschließüche Benutzung
von staatlichem Archivmaterial führt zu einer Perspektive von oben<. Nur punktuell, mit Berichten aus
dem betrieblichen Bereich, gelingt es, etwas von der »Lebenswirklichkeit« der Betroffenen zu erfahren.
Nach der Aussage des Autors konnten zu diesen Fragen keine Quellengruppen erschlossen werden.
Allerdings erfährt man nicht, ob sich diese Aussage auch auf kirchliche und kommunale Archive bezieht,
denn die Gemeinden und die Kirchen waren sehr häufig mit den sozialen Folgen des Krieges befaßt. Wieviel
Spannung und Lebendigkeit der Darstellung dadurch verlorengeht, machen die wenigen verstreuten
Berichte aus den Betrieben deutlich. Aber auch die Grundinformationen über das politische System
Württembergs in den Jahren des Ersten Weltkriegs kommen zu kurz. Die verschiedenen Minister tauchen in
der Darstellung mit Ausnahme von Kriegsminister Marchthaler nur am Rande oder gar nicht auf. Vom
Königshaus, das im Lande doch breite Anerkennung genoß, hätte man gerne erfahren, ob die Nicht-
Erwähnung im Buch der tatsächlichen Einflußnahme entsprach, oder ob es sich dabei um eine Entscheidung
Mais handelte.

Uberraschenderweise bleiben sowohl die betroffene Bevölkerung als auch, mit wenigen Ausnahmen, die
sogenannten herrschenden Gruppen weitgehend ohne Konturen. Dazu kommt vor allem im Mittelteil, der
das Hilfsdienstgesetz behandelt, ein Stil, der mehr an juristische Fachbücher als an historische

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