Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0320
Neues Schrifttum

Darstellungen erinnert. Dafür ein kleines Beispiel: »Der § 11 HDG sah in Abs. 2 jedoch zugleich vor, daß
Arbeiterausschüsse im Sinne von Abs. 1 nicht errichtet zu werden brauchten, soweit Ausschüsse nach
§ 134h GewO (Betriebskrankenkassenvorstände, Werkvereine) vor dem 6. Dezember 1916 bestanden
hatten und als Arbeiterausschuß >bestellt< worden waren« (S. 289).

Mai arbeitet ohne Zweifel das breite staatliche Archivmaterial sehr detailliert auf und betont zurecht die
z.T. erfolgreichen württembergischen Bemühungen, während des Krieges partikulare Interessen und
regionale Sonderentwicklungen zu bewahren, auch wenn die Möglichkeiten dazu gegen Kriegsende stark
abnahmen. Auch die enge Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften, rechten Sozialdemokraten und
militärischen bzw. staatlichen Stellen, die sich u.a. in der schonungslosen Verfolgung der linken
Sozialdemokraten zeigte, wird deutlich herausgearbeitet; ebenso die Intentionen der Gewerkschaften,
denen es vor allem um die staatliche Anerkennung ging, die sie faktisch mit dem Hilfsdienstgesetz erlangten.
Daneben gibt es eine Vielzahl von Detailerkenntnissen, die vor allem für die Fachhistoriker von Interesse
sind. Allerdings scheint so manche auftauchende Frage im statistischen und staatlichen Aktenmaterial
untergegangen zu sein. So berichtet Mai u.a. von dem zunehmenden Arbeitskräftemangel in der
Landwirtschaft aufgrund der Abwanderung in die Rüstungsindustrie. Auch die staatlichen Verbote
änderten daran nichts. Hier hätte man nun gerne noch etwas darüber erfahren, warum diese Maßnahmen
nicht fruchteten. Einer Erwähnung wert gewesen wäre vielleicht auch in diesem Zusammenhang die Frage,
warum landwirtschaftliche Arbeitskräfte trotz der zunehmenden Ernährungskrise von den besser versorgten
Dörfern in die Städte drängten.

Das grundlegende Problem der Arbeit bleibt jedoch - bei allen ihren Verdiensten im Detail -, daß dem
Leser von Anfang an nicht klar wird, um was es dem Autor eigentlich geht.

Gundelfingen Thomas Schnabel

Rudolf Vetterli: Industriearbeit, Arbeiterbewußtsein und gewerkschaftliche Organisation. Dargestellt am
Beispiel der Georg Fischer AG (1890-1930). Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht 1978, 344 S. (Kritische
Studien zur Geschichtswissenschaft, Band 28).

Hannes Siegrist: Vom Familienbetrieb zum Managerunternehmen. Angestellte und industrielle Organisation
am Beispiel der Georg Fischer AG in Schaffhausen 1797-1930. Göttingen: Vandenhoek & Ruprecht
1981, 293 S. (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft, Band44).

In den letzten Jahren wurde vielfach die Forderung erhoben, die bislang allzu globale und abstrakte
Sozialgeschichte solle anhand von regionalen und lokalen Studien konkretisiert und differenziert werden.
Die Fallstudien von Vetterli und Siegrist zur Eisen- und Stahlgießerei in Schaffhausen gehören zu den ersten
Arbeiten, die diesen Anspruch am Beispiel eines Betriebes überzeugend empirisch einlösen. Vetterli und
Siegrist können sich dabei auf eine gute Quellenlage stützen. Neben sozialstatistischen Daten aus dem
Betrieb liegen Protokolle der Gewerkschaften, der Arbeiterkommission und des Verwaltungsrates der
Georg Fischer AG (GF) für einen großen Teil des Untersuchungszeitraums vor. Darüber hinaus zieht
Vetterli die lokale Arbeiterzeitung und die Korrespondenz der lokalen Gewerkschaftsorganisation mit der
Verbandszentrale heran. Siegrist kann daneben einige sehr materialreiche Erinnerungsschriften ehemaliger
Angestellter der GF verwerten.

Vetteriis Fallstudie löst sich von einer Tradition der Geschichtsschreibung, die die Geschichte der
Arbeiter und der Arbeiterbewegung als eine Geschichte von Ideen, Programmen und Personen verstand.
»Ausgangspunkt sind die Arbeiter in ihrer Arbeitssituation, ihr individuelles und kollektives Verhalten am
Arbeitsplatz gegenüber dem Unternehmen und in den Arbeiterorganisationen« (S. 13). Es wird die Frage
gestellt, welchen Einfluß die konkreten Arbeitsbedingungen und die soziale Zusammensetzung der
Arbeiterschaft auf das politische Bewußtsein und die Organisationsbereitschaft der Arbeiter hatten. Vetterli
verfolgt darüber hinaus die Beziehungen, Konflikte und Verschiebungen im Machtverhältnis zwischen
Arbeiterschaft und Unternehmensleitung.

Der erste Teil behandelt ausführlich die spezifische Arbeitssituation in verschiedenen Abteilungen des
Werkes, die Spielräume und Möglichkeiten zur Kommunikation am Arbeitsplatz (S. 69 ff.), das Verhältnis
von Arbeitern und Meistern (S. 73 ff.), die Entwicklung der Löhne und des Lohnsystems (S.93ff.), die
Fluktuation der Arbeiter und die Beschäftigungspolitik des Unternehmens (S. 117 ff). Hier verdichtet sich
das quantitative mit dem qualitativen Material zu einem sehr anschaulichen Bild der Lage der Arbeiter.
Interessant ist z.B., wie die Arbeiterelite der Handformer durch die Einführung von Formmaschinen

290


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0320