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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1985/0329
Besprechungen

Kaiserreiches wirkte in der Tat bis 1922 hinein nach, die nationalsozialistische Ideologie schlug sich erst ein
Jahr nach Hitlers Machtergreifung in der Satzungsänderung des »Vereins Freunde der Mütterschule e. V.«
1934 nieder. Wegen ihrer Rolle in den zwölf Jahren nationalsozialistischer Herrschaft wurden die
Mütterschulen 1945 aufgelöst. Jedoch, seit 1947 erfolgten die Wiedergründungen, häufig mit denselben
Leiterinnen, die bis 1945 amtierten; dies war auch bei der Stuttgarter Mütterschule der Fall. Erst in den
sechziger Jahren ist die Entwicklung hin zur Familienbildungsstätte, die Ehemänner und Kinder im Sinne
einer ganzheitlichen Konzeption miteinbezieht, feststellbar. Kerngegenstand der vorliegenden Untersuchung
bildet - von der Basis umfangreicher archivalischer Quellenstudien ausgehend - neben den
organisatorisch-technischen Aspekten der Mütterschulearbeit die ihr zugrundeliegende Familienauffassung
. Für die untersuchten drei Epochen des Bearbeitungszeitraumes handelte es sich um die nicht
hinterfragte bürgerliche Kleinfamilie mit der traditionellen Rollenverteilung der Geschlechter. Zweck der
Mütterschule war es hauptsächlich, die patriarchalischen Familienstrukturen zu stabilisieren. Neben der
erfolgreichen Säuglingssterblichkeitsbekämpfung wurde die gebärfähige weibliche Bevölkerung Stuttgarts
zur Duldsamkeit, Opferbereitschaft und Unterordnung unter die männlichen Herrschaftsziele erzogen, zu
denen auch das selbstverständliche Ausscheiden aus dem Beruf bei Heirat und/oder Mutterschaft gehörte.
Insofern kann von einer Kontinuität der ideellen Konzeption vom ausgehenden wilhelminischen Kaiserreich
zum Nationalsozialismus gesprochen werden, die für die Dauer der Weimarer Republik keine
nachhaltige Umorientierung erfahren hatte. Über das engere Thema hinausgreifend werden in dieser
Veröffentlichung die gesamtgesellschaftlichen Themenkomplexe der Frauenemanzipation und der Erwachsenenbildung
angesprochen.

Stuttgart Günther Bradler

Stadt und Kultur. Hrsg. von Hans Eugen Specker. Sigmaringen: Jan Thorbecke 1983.192 S., 8 Abb. (Stadt in
der Geschichte. Veröffentlichungen des Südwestdeutschen Arbeitskreises für Stadtgeschichtsforschung
, Band 11).

Der südwestdeutsche Arbeitskreis für Stadtgeschichtsforschung, nach seinen Begründern auch Masch-
ke-Sydow-Arbeitskreis genannt, hat sich in seinen Arbeitstagungen nie auf Südwestdeutschland oder rein
landesgeschichtliche Fragestellungen beschränkt, sondern immer auch allgemein-historische, soziologische
und gegenwartskundliche Probleme angesprochen. Dies gilt auch für die 21. Arbeitstagung in Ulm 1982,
deren Vorträge samt Diskussionsbeiträgen und einer Zusammenfassung von Wilhelm Rausch der vorliegende
Band enthält. Eine besondere Schwierigkeit entsteht dieses Mal durch die Unklarheiten, die im Thema
selbst Hegen. Stadt und Kultur - bedeutet dies städtische Kultur oder Kultur in der Stadt, und was meint
Kultur hier - angesichts der zahlreichen Antinomien des modernen Kulturbegriffs?

Die Vorträge machen denn auch deutlich, daß unter dem Thema sehr Verschiedenartiges verstanden
werden kann. Der Kunsthistoriker Hans Koepf widmet seinen Vortrag dem »Stadtbild als Ausdruck der
geschichtlichen Entwicklung« und untersucht in erster Linie Aufriß und Grundriß der Stadt an ausgewählten
Beispielen im Hinblick auf ihre Gesamtwirkung und auf ihre »geistige« Bedeutung. Wolfgang Klötzer
beschreibt in seinem Beitrag »Schwerpunkte kulturellen Lebens in der mittelalterlichen Stadt mit
besonderer Berücksichtigung von Frankfurt am Main« vor allem städtische Lebensformen im Mittelalter als
Beiträge zu einer städtischen Kulturgeschichte. Die nachfolgenden Beiträge beschäftigen sich dagegen eher
mit Einzelaspekten, die meist die Wechselwirkung zwischen einer Stadt und verschiedenen kulturellen
Bereichen betreffen. Johannes Janota gibt aus dem Blickwinkel der germanistischen Mediävistik Hinweise
auf aktuelle Forschungsprobleme beim Thema »Stadt und Literatur im Spätmittelalter«, wobei er einerseits
zurecht die Notwendigkeit der interdisziplinären Zusammenarbeit von Germanisten und Historikern
betont, andererseits gerade das Fehlen grundlegender Arbeiten beklagt, wie sie für das Hochmittelalter
(etwa Joachim Bumkes »Mäzene im Mittelalter«) vorliegen. Einen speziellen Aspekt Schilden auch der
Vortrag Zeedens über das »Erscheinungsbild der frühneuzeitlichen Stadt nach Reiseberichten und
Autobiographien des 16. und 17. Jahrhunderts«, der zwar Staatsformen beschreibt, noch mehr aber das, was
die Zeitgenossen interessierte. Ulrich im Hof schließlich geht den kulturellen Aktivitäten der Schweizer
Städte im 18. Jahrhundert nach, und Helmut Kretschmer gibt einen Überblick über die Leistungen der Stadt
Wien seit dem 18. Jahrhundert auf dem Gebiet der Kultur (im traditionellen Sinn). Auch Wolf-Dieter
Hepach widmet sich den Erscheinungsformen von Kultur in einer bestimmten Stadt und bestimmten Zeit
- nämlich in Ulm des 19. Jahrhunderts, wobei er allerdings Kultur als umfassende Manifestation aller nicht
auf das Erwerbsleben ausgerichteten Aktivitäten begreift und etwa auch Freizeitverhalten miteinbezieht.

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