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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0015
Gesetzgebung in der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

net wird15, ist eine Fassung der Statuten erhalten16, die eindeutig auf Wilhelms Vorgänger, den
Grafen Andreas von Sonnenberg (1472-1511)17, zurückgeht. Der Text hat die Form einer
Urkunde und ist als Konzept erhalten; im Schlußprotokoll ist als Tag der Ausfertigung der
18. November 1510 (Montag nach St. Martin) angegeben18.

Nun ist Graf Andreas am 10. Mai 1511 durch Felix von Werdenberg ermordet worden19.
Die Niederschrift des Konzepts war somit in die letzten Monate vor dem - freilich völlig
unerwarteten - Lebensende des Sonnenbergers gefallen; der Herrschaftsantritt hatte eine lange
Zeit zurückgelegen. Damit dürfte feststehen, daß es Graf Andreas war, der als regierender
Landesherr erstmals eine Reihe von Statuten für die Grafschaft erarbeiten ließ, und daß
derselbe nicht etwa - was ja grundsätzlich in Betracht zu ziehen wäre - nur eine bereits bei
seinen Vorgängern gültige Landesordnung neu publizierte. In diesem Falle wäre zweifellos die
Ausfertigung bald nach Regierungsantritt erfolgt.

In welchem Maße Andreas selbst an der Entstehung beteiligt war und welcher seiner Räte
oder Beamten die Statuten für ihn konzipierte20, ist unbekannt. Quellen hierzu fehlen oder
sind noch nicht entdeckt, der Text selbst läßt die Frage offen.

Die Intentionen, die hinter dem Bemühen des Grafen standen, der Grafschaft ein einheitliches
Recht, den Ansatz einer »Landesordnung« mit polizeirechtlichen Vorschriften zu geben,
müssen sich mit denen seines Nachfolgers, der die Statuten weitgehend unverändert übernommen
hat und in dessen Version sie bis 1560 Geltung hatten, gedeckt haben. Um Wiederholungen
zu vermeiden, sollen daher die einzelnen Bestimmungen nachfolgend in der langlebigeren
Fassung Wilhelms d. Ä. interpretiert werden.

Auf eines sei jedoch zuvor hingewiesen: Im Rahmen einer vergleichenden Territorialgeschichte
zählt die von Andreas geschaffene Landesordnung mit zu den frühesten Gesetzestexten
dieser Art - oder (vorsichtiger formuliert) zumindest zu den frühesten bekannten. Zwar
hatten in den Städten schon früher in großem Ausmaß entsprechende legislatorische Aktivitäten
eingesetzt, aus der Reihe der weltlichen und geistlichen Territorien waren aber nur einige -
so der Forschungsstand21 - vorausgegangen. In dieser Hinsicht dürften die friedberg-scheeri-

15 StAS Dep. 30 Friedberg-Scheer. Die Abgabe des Teilbestands an das Fürst Thum und Taxis
Zentralarchiv in Regensburg ist nach Abschluß der Verzeichnung vorgesehen. Zum Fürstlich Thum und
Taxisschen Archiv Obermarchtal vgl. Franz Herberhold, Das fürstliche Haus Thum und Taxis in
Oberschwaben. Ein Beitrag zur Besitz-, Verwaltungs- und Archivgeschichte. In: ZWLG13 (1954)
S. 262-300 sowie Gregor Richter, Das Fürstlich Thum- und Taxissche Archiv Obermarchtal im
Staatsarchiv Sigmaringen. In: Schwäbische Heimat2 (1974) S. 36-39.

16 StAS Dep. 30 Friedberg-Scheer Rep. II K. IV F. 1 Nr. 2/3; Konzept, Papier.

17 Zur Person Vochezer (wie Anm. 13) Bd. 1, S. 766 ff.

18 Das einleitende Protokoll der Urkunde fehlt in der Uberlieferung, so daß Andreas hier nicht als
Aussteller zu greifen ist. In der mit den Statuten gemeinsam überlieferten Appellationsordnung ist er
namentlich genannt, findet sich doch im Formular zur Einlegung von Appellationen an das truchsessische
Hofgericht der Passus: Herr richter, mit der urtl[...] bin ich minß bedünckenß beschwert, darum in der
besten form und maß [...] so berüff und appellier ich [.,.] für und an den wolgebornen herm, herrn
Andressen, Grafen zue Sunenparg, minen gnadigen heren und siner gnaden gnaden hoffgericht.

19 Näheres bei Vochezer (wie Anm. 17) S. 767ff.

20 Mit einiger Wahrscheinlichkeit dürfte der Entwurf über den Schreibtisch des Scheerer Obervogts
gelaufen sein; in diesem Amt ist in dieser Zeit Sixt von Hausen (vgl. Kretzschmar, Vom Obervogt, wie
Anm. 1, S. 193 Anm. 50) nachweisbar.

21 Aus der Fülle der Literatur sei hier nur verwiesen auf den einschlägigen Handbuchartikel von Armin
Wolf, Die Gesetzgebung der entstehenden Territorialstaaten. In: Handbuch der Quellen und Literatur
der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte, hrsg. v. Helmut Coing, Bd. 1. München 1973, S. 517ff.
Grundlegend nach wie vor: Hans Maier, Die ältere deutsche Staats- und Verwaltungslehre, 2. neubearb.
und erg. Aufl. München 1980, S. 74 ff. Zum Begriff »Landesordnung« vgl. den Artikel von W. Braune-
der. In: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte (HRG)2 (1978) Sp. 1405ff. mit weiterer
Literatur. Zum territorialgeschichtlichen Aspekt vgl. u.a. Hans-Martin Maurer, Die Ausbildung der
Territorialgewalt oberschwäbischer Klöster vom 14. bis zum 17.Jahrhundert. In: Blätter für deutsche

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