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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0018
Robert Kretzschmar

bei den jährlich vorzunehmenden Gerichtsbesetzungen zu verlesen waren37 - kennen wir
nicht.

Die Bestimmungen im einzelnen

Die von Wilhelm d.A. erlassenen Ge- und Verbote vereinigen, wie in der Zeit bei
Gesetzestexten dieser Art üblich38, öffentliches und Privatrecht; Strafrecht steht neben
Verwaltungs- und Polizeirecht, wobei das letztere - ein zu Beginn des 16. Jahrhunderts in den
Territorien noch neuartiger Rechtstypus - überwiegt.

Im folgenden sollen die Statuten, die durch die nahezu stereotype Angabe der bei Verstoß
fälligen Bußgelder oft auch den Charakter eines simplen Bußgeldkatalogs annehmen, jedoch
nicht nach den Kategorien moderner Jurisprudenz besprochen werden. Vielmehr sei nach
ihrer Funktion für den Landesherren gefragt und überlegt, ob nicht auch die armen leute der
Grafschaft, die ja bei der Entstehung des Gesetzes in gewisser Weise durch die beteiligten
Gerichte repräsentiert waren, an der Verkündung der Verordnungen ein Interesse haben
konnten.

Die Erörterung der einzelnen Bestimmungen weicht in der Reihenfolge teilweise vom Text
ab und versucht, Zusammengehöriges, sofern es im Text getrennt ist, zusammenzuführen.
Denn die thematische Gliederung der Statuten läßt eine sorgfältige Redaktion vermissen. Zwar
finden sich in der ersten Hälfte zunächst durchaus sachlich geordnete Blöcke von Verfügungen39
, doch schon bald lassen sich bei den Betreffen der einzelnen Verordnungen Sprünge
feststellen, die leicht hätten vermieden werden können40. Und in der zweiten Hälfte ist eine
Gliederung in Materien kaum noch zu erkennen41. Offensichtlich sind am Anfang Themen
behandelt, die dem Gesetzgeber besonders am Herzen lagen und die daher besonders intensiv
durchgearbeitet sind42, während im zweiten Abschnitt einzelne Punkte aus den unterschiedlichsten
Bereichen des herrschaftlichen Verwaltens und des Zusammenlebens der Bevölkerung
ohne eine tiefere und systematische Durchdringung der jeweiligen Problematik Regelungen
gefunden haben. Da man ohnehin beim Gesetzgeben war, hatte man sie mitberücksichtigt,
wobei manche Anregung von den beteiligten Gerichten eingebracht worden sein dürfte. Die
Annahme einer solchen Entstehung jedenfalls würde die augenfällige Diskrepanz zwischen
dem logischen Aufbau der ersten Hälfte der Statuten und dem kompilatorischen Charakter
des zweiten Teils erklären.

Zulauf bei Notständen

Die erste Bestimmung verpflichtet alle wehrhaften Einwohner der Grafschaft beim Hören
der Sturmglocke oder bei einem allgemeinen Auflauf, also bei Notstandssituationen, sich
unverzüglich beim Ammann zu melden, um dessen Befehle entgegenzunehmen. Der Zweck
des Gesetzes muß nicht näher erläutert werden. Die gemeinsame, organisierte Abwehr von
Gefahren lag sowohl im Interesse der Herrschaft als auch der Untertanen. Daß der Ammann

37 Zu den jährlichen Besetzungen Kretzschmar, ebd. S. 201. Die Mühlenordnung von 1516, die das
Mühlenwesen im Amt Hohentengen regelte, mußte seit 1611 zweimal jährlich aus dem Amtshaus zu
Hohentengen öffentlich verkündet werden; vgl. Ders., Müller und Bauern (wie Anm.34) S.28.

38 Immer noch grundlegend: Gustav Klemens Schmelzeisen, Polizeiordnungen und Privatrecht
(Forschungen zur neueren Privatrechtsgeschichte 3) Münster, Köln 1955; Ders., Polizei- und Landesordnungen
(Quellen zur neueren Privatrechtsgeschichte Deutschlands 2) Köln, Graz 1968/69.

39 So etwa bei den Themenkomplexen »Friedbieten« (Statuten 2 bis 10) und Leibeigenschaft (Statuten 11
bis 21); vgl. unten die Edition.

40 Einige Beispiele: Statut 39 wäre sinnvoller nach Statut 35 erschienen, Statut 48 nach Statut 38, Statut
61 nach Statut 33, Statut 62 vor Statut 51, Statut 63 nach Statut 45, Statut 49 und 50 vor Statut 65 bis 67,
Statut 80 nach Statut 62.

41 Dies wird schon bei einer Durchsicht der am Rande ausgeworfenen Betreffe deutlich.

42 Die in Anm. 39 genannten.

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