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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0024
Robert Kretzschmar

Gewerbe

Kaum in das Gewicht fallen die gewerbepolizeilichen Vorschriften unserer Landesordnung
. Die Handwerkerschaft wird nur allgemein auf die Benutzung präziser und unverfälschter
Maße verpflichtet und ohne nähere Ausführungsbestimmungen der Beschau unterstellt95.
Besondere, aber freilich wiederum sehr generelle Erlasse betreffen die Mühlen, für die der
Mühlenbann rechtlich fixiert wird96, und die öffentlichen Wirtschaften97. In der fast völligen
Vernachlässigung des gewerblichen Bereichs spiegelt sich die nahezu rein agrarische Wirtschaftsstruktur
der Grafschaft, die differenzierte Regelungen für den nicht landwirtschaftlichen
Sektor des Erwerbslebens nicht erforderte. Für das städtische (d.h. das Scheerer) und das
dörfliche Handwerk - letzteres dürfte vor allem von der wachsenden Schicht der Seidner
ausgeübt worden sein98 - konnten notfalls gesonderte Regelungen mit gegebenfalls nur lokaler
Gültigkeit erlassen werden99.

Brandverhütung

Die feuerpolizeilichen Bestimmungen umfassen drei Artikel100; auf ihre Bedeutung in
einer Welt mit Wohnplätzen, die durch die Bauweise ständig feuergefährdet waren, muß nicht
näher eingegangen werden.

Sozialdisziplinierung

Großen Raum nehmen in unserem Gesetzeswerk »sozialdisziplinierende« Statuten sittenpolizeilichen
Inhalts ein101. Sie sollen hier nur kurz angesprochen werden. Denn sie lagen im
Zug der Zeit, und der reichs- und rechtsgeschichtliche Rahmen, in dem sich ein frühneuzeitlicher
Landesherr bei der Publikation solcher Vorschriften bewegte, wie auch die territorialpolitischen
Ziele und der gesetzgeberische Anspruch, die mit ihnen in der Regel verbunden
waren, sind in der Literatur hinreichend erörtert worden102. Hingewiesen sei jedoch auf einige
auffällige Punkte. So ist es doch interessant, daß in den Statuten von 1512 der sexuelle Bereich

95 Statut 33.

96 Statut 61. Zum Friedberg-Scheerer Mühlenwesen s. auch Kretzschmar, Müller und Bauern (wie
Anm. 34).

97 Statuten 50 und 49.

98 Zum Seldnertum in Oberschwaben sind die Ausführungen von Viktor Ernst. In: Beschreibung des
Oberamtes Riedlingen. Stuttgart 1923. S. 347ff. immer noch grundlegend. Zur Ansiedlung von Seidnern
in Friedberg-Scheer vgl. auch Vochezer (wie Anm. 13) passim. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die
Zahl der Seidner in den nunmehr thurn- und taxisschen Dörfern sehr hoch; vgl. die Angaben in dem
Artikel »Alte Bilder aus dem Bussengau 1803«. In: Blätter des Schwäbischen Albvereins40 (1928)
Sp.l34ff. und 264 ff.

99 1622 erließen die Reichserbtruchsessen Wilhelm Heinrich und Friedrich eine Verfasste Ordnung, wie
es hinforter [...] mit der mayrschafft weegen ackher- und fuorlohns, auch taglöhner und anderen
handtwerckhsleuthen irer tagdienst und lohngelter halber gehalten werden soll (StAS Dep. 30 Friedberg-
Scheer Rep. II K. IV F. 1 Nr. 2/3). Friedberg-Scheerer Zunftordnungen sind im HStA B 135 Bü. 2 überliefert
.

100 Statuten 41 bis 43.

101 Hierzu zählen die Statuten 44, 45, 46, 63, 64, 65, 66, 67, 75 und 76, u.a. mit den geradezu
»klassischen« Themen des Polizeirechts: Gotteslästern, Zutrinken, Jungfrauenschwächen, Spielen, Wirtshausbesuch
und Weinkonsum.

102 Vgl. außer der in Anm. 21, 29 und 38 genannten Literatur auch Josef Segall, Geschichte und
Straf recht der Reichspolizeiordnungen von 1530, 1548 und 1577 (Strafrechtliche Abhandlungen 183)
Breslau 914, W. Hartz, Die Gesetzgebung des Reichs und der weltlichen Territorien in der Zeit von 1495
bis 1555. Phil. Diss. Marburg 1931 sowie - mit zahlreichen allgemeinen Hinweisen - Heinz Lieberich, Die
Anfänge der Polizeigesetzgebung des Herzogtums Baiern. In: Festschrift für Max Spindler zum 75.
Geburtstag. München 1969, S. 367-378. Soeben erschienen: Winfried Schulze, Gerhard Oestreichs
Begriff »Sozialdisziplinierung in der frühen Neuzeit«. In: Zeitschrift für Historische Forschung 18 (1987)
S. 265-302.

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