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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0029
Gesetzgebung in der waldburgischen Grafschaft Friedberg-Scheer

waren, und beschränkte die Dorfordnung restlos auf allein Blochingen betreffende Angelegenheiten125
. Dieses zweite Erklärungsmodell ist im Rahmen vergleichbarer Entwicklungsprozesse
dörflichen Rechts in anderen Territorien126 plausibler als das zuvor erwogene.

Die überarbeiteten Statuten des Reichserbtruchsessen Wilhelm d.J.
aus dem Jahre 1560

Für die Dauer von 48 Jahren - also für ein halbes Jahrhundert - sollte die Landesordnung
des Reichserbtruchsessen Wilhelm d.A. unverändert in Kraft bleiben. Dann wurde am
12. November 1560 vom Sohn und Nachfolger Wilhelm dem Jüngeren (1518—1566)127, der
1557 an die Regierung gekommen war, eine neue Landesordnung publiziert128. Wilhelm d.J.
hatte - so die Vorrede - die Statuten seines Vaters »zur Hand genommen« und nach
gelegenhait diser unser jetzigen Zeiten mit gueter vorbetrachtung geendert, gebessert und
ernewert.

Bei dieser Überarbeitung hatten es sich Wilhelm d.J. und seine Beamten129 relativ einfach
gemacht. Denn die wesentlichen Zusätze zur früheren Version sind in Anlehnung an eine
Vorlage entstanden, in Anlehnung an die Fünfte Württembergische Landesordnung Herzog
Christophs von 155213°. Und die wohlformulierten Vor- und Schlußreden der Neufassung
von 1560, in denen Wilhelm d.J. ganz nach dem Programm der »guten Polizei« - hier fällt der
Begriff131 - in der Rolle des pflichtbewußten Landesvaters seinen Untertanen den Zweck der
Landesordnung erläutert, ist schlichtweg aus der württembergischen Vorlage abgschrieben
und nur in einzelnen - für das Friedberg-Scheerer Territorium unpassenden Passagen -
verändert132.

125 Und dies sind eben vorwiegend Artikel, die die bäuerliche Arbeit und die Besitzverhältnisse im Dorf
betreffen. 1544 konnte dementsprechend von der Herrschaft auch noch eine ältere Viehordnung bestätigt
werden, die wiederum minuziös Fragen des bäuerlichen Wirtschaftens regelte; vgl. unten im Anhang
Text 5.

126 Auch anderswo wurden lokale Dorfordnungen nicht sofort durch »Landesordnungen«, sondern
zunächst durch »Territorialdorfordnungen« ersetzt, die landeseinheitliches Recht im Gewand lokaler
Dorfordnungen einführten; vgl die in Anm. 121 genannte Literatur.

127 Zu Wilhelm d. J. vgl. Vochezer (wie Anm. 13) S.307ff.

128 StAS Dep. 30 Friedberg-Scheer Rep. II K. IV F. 1 Nr. 2/3; Abschrift, Papier.

129 Der mit der Redaktion betraute Beamte ist wiederum unbekannt. Obervogt war 1560 der promovierte
Jurist Leonhard Dreher (StAS Dep. 30 Friedberg-Scheer U. 448).

130 A. L.Reyscher (Hg.), Sammlung der württembergischen Gesetze, Bd. 12. Tübingen 1841, S. 193 ff.
Die Benutzung der württembergischen Landesordnung zeigt sich an Übereinstimmungen in der Gliederung
, identischen oder sehr ähnlichen Rubriken sowie in wörtlichen Entsprechungen (vgl unten
Anm. 143). Herangezogen wurden vor allem einige der ersten Artikel der Landesordnung Christophs mit
den Überschriften Von Gots lesterern; Die Todtschlag berurend; Wie es im fridnemen vnd gebieten, auch
gegen den fridbrechern gehalten werden soll; Welcher massen die Felddieb gestrafft werden sollen; Von
leichtuertiger beiwonung vnd schandtlicher hurerey; Vom Eeebruch; Von Hochzeiten vnd Schenckinen
(Reyscher, wie oben, S. 193f.); auf weitere Einzelheiten sei hier verzichtet. - Zu den württembergischen
Polizeiordnungen vgl. Heinz Schmucker, Das Polizeiwesen im Herzogtum Württemberg. Diss. Tübingen
1958, maschinenschriftlich.

131 Vgl. oben S. 15.

132 Vgl. unten die Edition (im Anhang Text 6) mit Reyscher (wie Anm. 130) S. 195 f. Folgende
wesentliche Änderungen wurden bei der Übernahme des württembergischen Vorwons vorgenommen:
Die Aufzählung der herrschaftlichen Beamten in der Grußformel zu Beginn des Texts wurde den
Friedberg-Scheerer Verwaltungsverhältnissen angepaßt. Aus christenlicher religion wurde catholischer
religion. Der Verweis auf die Reichspolizeiordnungen fehlt in der Vorrede Herzog Christophs. Die
Verlesung der Statuten findet in Friedberg-Scheer nicht auf den Vogtgerichten, sondern bei den jährlichen
Gerichtsbesetzungen statt.

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