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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0077
Die Museumsgesellschaft und der Bürgerverein in Sigmaringen

5.5. Die Auflösung

Im Januar 1935, im 110. Jahr ihres Bestehens, löste sich die Museumsgesellschaft auf. Diese
Auflösung geschah auf Druck der Nationalsozialisten und reiht sich in die sogenannten
Gleichschaltungsmaßnahmen der Nazis ein147. Am 1. Januar 1935 wurde die nationalsozialistische
Kulturgemeinde Sigmaringen gegründet148, über die der Kreisreferent der NS-Kulturge-
meinde am 15.Januar ausführlicher in einem Zeitungsartikel informierte. Darin hieß es u.a.:
Kunst und Kultur sind im Dritten Reiche kein Vorzug der wohlhabenden Kreise mehr, sondern
sie sind eine Angelegenheit des ganzen deutschen Volkes geworden... Daß reine Standesvereinigungen
oder überhaupt solche Vereine, deren Zweckbestimmung heute nicht mehr ganz
einleuchtet, auch wenn sie in § 1 der Vereinsstatuten steht, keine Daseinsberechtigung mehr
haben, ist ohne weiteres klarm.

Schon am 3. Januar hatte der Vorstand der Museumsgesellschaft eine Mitgliederversammlung
einberufen, um über die Auflösung der Gesellschaft Beschluß zu fassen. Wie dieser
»freiwillige« Beschluß zustande kam, dokumentiert ein Zeitungsartikel vom 5. Januar 193515°.
Nach einem kurzen Rückblick auf die Geschichte des Vereins wird folgendermaßen auf die
Vereinsauflösung hingeführt: Die Zahl der geselligen Veranstaltungen nahm ab und bedauerlicherweise
auch die Zahl der Mitglieder. Und wer Augen hatte zu sehen, konnte schon vor
einigen Jahren das Ende langsam, aber sicher herannahen fühlen. Dann folgt der Bericht über
die Versammlung: In längerer Besprechung wurde das Für und Wider erwogen, und als von
einem Vorstandsmitglied der NS-Kulturgemeinde ins Feld geführt worden war, daß durch ein
Fortbestehen, nicht nur der Museumsgesellschaft, sondern auch anderer geselliger Vereine hier,
das Zustandekommen der NS-Kulturgemeinde ernstlich in Frage gestellt sei, war mit dieser
Erklärung die Entscheidung bereits gefallen. Die Abstimmung ergab den Beschluß, die
Gesellschaft aufzulösen, die vorhandenen Vermögenswerte... aber... durch einen sechsköpfigen
Ausschuß mit dem bisherigen Vorstand an der Spitze zu treuen Händen bis auf Weiteres
verwalten zu lassenm. Freiwillig oder unfreiwillig zeigt dieser Artikel aus der NS-Zeit den
Zwang und das scheindemokratische Verfahren auf, mit dem die Gesellschaft aufgelöst wurde.

Die weitere Auflösung vollzog sich folgendermaßen: Die Einrichtungen des Museums -
Kegelbahn, Billard und Saal - standen zur Benutzung weiterhin zur Verfügung152. Inventargegenstände
wurden teilweise verkauft und der Erlös an die Mitglieder verteilt, bzw. die
Gegenstände wurden unter den Mitgliedern aufgeteilt153. Die Zeitungen wurden abbestellt.
Die Bibliothek mit über 2000 Banden ging an die NS-Kulturgemeinde über, die ihre Bücherei
bis 1945 im Parteiheim, dem »Deutschen Haus«, verwahrte. 1945 wurde die gesamte NS-
Bibliothek als NS-Propagandamaterial von der französischen Besatzungsmacht vernichtet154.

Den ehemaligen Museumsmitgliedern selbst wurde 1935 - neben dem indirekten Hinweis
auf die NS-Kulturgemeinde - angeboten, Mitglieder beim Tennisverein zu werden und an den
Tanz- und sonstigen geselligen Veranstaltungen des genannten Vereins teilzunehmen*55.

Die Museumsgesellschaft wurde 1935 aufgelöst, das Gebäude steht heute noch. Bis 1948
wurde die ehemalige Museumswirtschaft »Zum Schatten« unter dem gleichen Namen weiter-

147 Vgl. zu den Gleichschaltungsmaßnahmen bei Vereinen auch: Freudenthal (wie Anm. 12) S. 339ff.

148 Verbo. HVZ, 1935, Nr. 1/2.

149 Verbo. HVZ, 1935, Nr. 13.

150 Verbo. HVZ, 1935, Nr. 5.

151 Ebd.

152 Ebd.

153 StAS Dep.l, NAK, Nr. 110.

154 StAS Dep. 1, NAK, Nr. 110 und 139.

155 Verbo. HVZ, 1935, Nr. 5. Dieser Tennisverein, der schon 1892 als »Lawntennisclub« gegründet
wurde, hing wohl eng mit der Museumsgesellschaft zusammen, nicht nur wegen seines Platzes vor dem
Museumsgebäude, sondern auch von den Mitgliedern her (FAS NVZ 13229, Bl. 24^25).

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