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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0079
Die Museumsgesellschaft und der Bürgerverein in Sigmaringen

könnten163? Jedenfalls wurde dem Verein weiterhin die Auflage erteilt, nur erlaubte Zeitschriften
zu abonnieren. Ebenso wurde er den Polizeigesetzen unterstellt, was vor allem bedeutete,
daß um 22 Uhr Polizeistunde war, die durch den Polizeidiener abgeboten wurde164.

Als Motto wählte der Verein ein Goethewort: Wer ist das würdigste Glied eines Staates?
Ein wahrer Bürger; unter jeder Form bleibt er der edelste Stoffe. Seine Zielsetzung
formulierte der Bürgerverein in § 1 der Statuten so: Der Zweck dieser - unter dem Namen
Bürger-Verein bestehenden Gesellschaft ist: Genuß gesellschaftlicher Unterhaltung und
erlaubter Vergnügen in einem durch Vereinigung verschiedener Bürger geschlossenen Kreise,
um zugleich einander Gelegenheit zu geben, das Wissen durch Ideentausch und Lektüre zu
erweitern und Künste, Gewerbe und Oekonomie zu befördern166. Der Bürgerverein war also -
ebenso wie die Museumsgesellschaft - gleichzeitig eine Lesegesellschaft und ein geselliger
Verein. Die Betonung lag aber, ähnlich wie bei den frühen Lesegesellschaften, noch stärker auf
Bildung durch Lektüre und Diskussion.

Die beispielgebende Funktion anderer Vereine läßt sich beim Bürgerverein mit Bestimmtheit
nachweisen. Schon der Statutenentwurf war nach den Statuten der Bürgervereine anderer
Städte angefertigt worden167. Der Einfluß anderer Städte und speziell das Vorbild Museumsgesellschaft
weckten wohl bei den mittelständischen Bürgern Sigmaringens das Bedürfnis nach
geselliger Vereinigung.

So lassen sich eine Reihe von Motiven für die Vereinsgründung erkennen. Es ist wiederum
die gesellschaftliche Lage in Sigmaringen, wie sie oben beschrieben wurde, zu nennen, in der
sich das Bedürfnis nach Geselligkeit und Abwechslung besonders stark entwickeln mußte. Die
Bürgerschaft, von der Museumsgesellschaft ausgeschlossen168, bildete daraufhin 10 Jahre
später ihr eigenes Bürgermuseum (!), wie der Bürgerverein auch genannt wurde169, aus
denselben Gründen und zu denselben Zwecken wie die Museumsgesellschaft.

Das Vorbild der Museumsgesellschaft zeigt sich auch bei Betrachtung der Institutionen
und Räumlichkeiten des Bürgervereins. Dieser tagte 1836 im Gasthof »Sonne« 17°, worin er ein
Gesellschafts- und Lesezimmer angemietet hatte171. In einem Vertrag mit dem Wirt wurde
derselbe verpflichtet, der Gesellschaft mit guten und reinlichen Speisen und Getränken
aufzuwarten172. Ein eigener Gesellschaftsdiener wurde zusätzlich eingestellt, welcher die
Aufträge von dem Vorstand, so wie von den Ausschußmitgliedern besorgtm.

Einen Anfang nahm das gesellige Leben mit dem Auslegen von Zeitschriften. Eine eigene
Bibliothek sollte erst nach und nach aufgebaut werden, die Bücher entlehnte man zunächst

163 Bei den frühen Lesegesellschaften deutete die Bezeichnung Direktor oft republikanische Tendenzen
an. Vgl. dazu: PrüSener, Lesegesellschaften (wie Anm. 1) Sp.400. Zur Übernahme der Statuten vgl.
unten, S. 85.

164 StAS Ho 235, VIII, F. 4., No.943 (Schreiben vom 23.12.1835 und Gesuch des Bürgervereins vom
21.5.1843).

165 Statuten, Bürgerverein, 1836.

166 Ebd., jl.

167 StAS Ho 235, VIII, F.4., No.943 (Schreiben vom 23.12.1835).

168 Benjamin Pfaff, Die Vereine der Stadt. In: Festschrift anläßlich der Einweihung des Rathauses zu
Sigmaringen am 9. Januar 1927, Sigmaringen (1927), S. 132-159. »Bei der Gründung der Museumsgesellschaft
war die Sigmaringer Bürgerschaft... nur in ganz geringem Maße beteiligt« (S. 133). Vgl. hierzu auch
unten S.93ff.

169 Z.B.: StAS Ho 199, FOA Nr. 1901 (Schreiben vom 2.3.1849).

170 Benjamin Pfaff, Tanz-, Theater- und Konzertlokale der Stadt Sigmaringen im Wandel der letzten
Jahrhunderte. In: Die Stadthalle in Sigmaringen. Beilage zur HVZ aus Anlaß der Einweihung am 4. Mai
1930.

171 Statuten, Bürgerverein, 1836, §§7, 8, 9.

172 Ebd., §30, Abs. h.

173 Ebd., §30, Abs. g.

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