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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0103
Die Museumsgesellschaft und der Bürgerverein in Sigmaringen

der Gesellschaft auf einen politischen Gegner zu stoßen. Zudem waren viele Mitglieder politisch
stark aktiv engagiert, so daß kaum mehr Raum für »gesellige Vergnügungen« blieb. Andere
Gründe mögen bei der Auflösung mitgespielt haben, doch ist es recht wahrscheinlich, daß der
Beschluß hauptsächlich auf politische Auseinandersetzungen zurückzuführen ist.

Interessant ist, daß es schon im Februar 1849 wieder Nachrichten über das Museum gibt362.
Eine mögliche Erklärung ergibt sich aus der damaligen politischen Situtation. Fürst und
Regierung, die nach der Einsetzung eines revolutionären »Sicherheitsausschusses« im September
1848 geflohen waren, kehrten bald darauf wieder nach Sigmaringen zurück, und während
der Besetzung Sigmaringens durch einen Reichskommissar mit bayrischen Truppen fand eine
allmähliche Restauration der politischen Verhältnisse statt. Vor allem ist ein Nachlassen der
demokratischen Bewegung am Ende des Jahres 1848 zu verzeichnen363. In dieser Zeit der
Beruhigung kann auch das Museum auf neuer Basis zusammengefunden haben.

Nun ist noch die zweite Frage nach dem Zusammenhang zwischen politischer Tätigkeit und
Vereinsmitgliedschaft zu behandeln. Wie die Untersuchung ergab, hatten sehr viele Museumsmitglieder
führende politische Positionen inne. Bei den hohen fürstlichen Beamten ist dies an
und für sich nichts Äußergewöhnliches. Auffallend ist aber, daß bestimmte Kreise schon um
1830 von den aus Baden kommenden liberalen Ideen erfaßt wurden. Wie Gönner schreibt, war
dies eine dünne Schicht der bürgerlichen Intelligenz: Beamte, Offiziere, Advokaten und
Geistliche. Ferner sind zu dieser Gruppe auch Kaufleute, Wirte und Handwerker zu zählen364.
Aus der genannten bürgerlichen Intelligenzschicht stammten sehr viele Mitglieder der
Museumsgesellschaft. Für das Jahr 1848 läßt sich ein personenmäßig besonders enger Zusammenhang
zwischen den Führern des »Vaterländischen Vereins«, in geringerem Maß auch des
»Konstitutionellen Vereins«, und dem Museum feststellen. Bei den Republikanern waren fünf
von acht Ausschußmitgliedern des »Vaterländischen Vereins« gleichzeitig Mitglieder der
Museumsgesellschaft. Bei den Konstitutionellen befanden sich immerhin zwei Museumsmitglieder
im Ausschuß und hatten wichtige Funktionen innerhalb des Vereins. So ist ein starkes
politisches Engagement von Museumsmitgliedern auf Seiten der Liberalen festzustellen.

An dieser Stelle ist auch der Bürgerverein zu erwähnen, für den eine ähnliche Konstellation
anzunehmen ist. Mit Sicherheit ließen sich fünf Bürgervereinsmitglieder auf Seiten der
Republikaner feststellen, zwei davon in dem im September 1848 eingesetzten revolutionären
»Sicherheitsausschuß«, und ein Bürgervereinsmitglied auf sehen der Konstitutionellen, das dort
im Ausschuß saß365. Fast alle diese Bürgervereinsmitglieder waren zuvor schon in den
Ausschuß des Bürgervereins gewählt worden366! Bei der großen Anhängerschaft, die der
»Vaterländische Verein« (2.Juni 1848: 200Mitglieder) und der »Konstitutionelle Verein«
(863 Mitglieder am 12. Juni 1848 in den Oberämtern Sigmaringen und Wald) besaßen367, ist es
sehr wahrscheinlich, daß noch weitere Museums- und Bürgervereinsmitglieder in beiden
Vereinen engagiert waren, ohne daß sie bei Gönner namentlich faßbar sind. Wie ein späterer
oberflächlicher Vergleich ergab, befand sich ein sehr großer Teil der Bürgervereinsmitglieder
unter den Unterzeichnern der Petition vom März 184 8 367a.

362 StAS Ho 235, VIII, F. 4., No.943 (Bitte des Bürgervereins um Verlängerung der Polizeistunde und
Gleichstellung mit dem Museum, 9.2.1849). Vgl. oben, S. 78 f.

363 Gönner (wie Anm. 52) S. 143ff.

364 Vgl. ebd., S. 23, 35 und 59.

365 Vgl. oben S. 100 ff.

366 Vgl. oben, S. 98 ff. Der Vorstand des Bürgervereins 1848, Joseph Fidel Lutz (Schlosser), lud sogar als
Vorstand des Bürgervereins die hiesigen Einwohner... in das Lokal des Bürgervereins (»Zollernscher
Hof«?; A.Z.) zur weiteren Besprechung über... die zu gründenden Vaterlandsvereine ein. »Der Sigmaringer
Erzähler«, 1848, Nr. 32: Aufruf des Vorstands des Bürgervereins. Vgl. dazu auch: Gönner, S. 84 f.

367 Gönner (wie Anm. 52) S. 85 und S. 88.

367a StAS Abt. Sig. CI, 2 f Nr. 27. Da das Mitgliederverzeichnis von 1844 erst kurz vor Abschluß der
Arbeit vorlag, konnte keine genauere Analyse mehr vorgenommen werden (vgl. Anm. 30).

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