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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0130
Andreas Zekorn

chor und schließlich dem Geschichts- und Altertumsverein. Von der Museumsgesellschaft
und ihren Mitgliedern gingen also starke Impulse nach außen.

Eine besondere Erwähnung verdienen nochmals die nach 1850 einsetzenden Gründungen
von Frauen vereinen. Diese waren zwar zunächst noch in die Kirche eingebettet und übernahmen
Aufgaben innerhalb der Kirche und im (kirchlichen) Wohltätigkeitsbereich. Doch 1870
organisierten sich die Frauen selbst außerhalb der staatlichen und kirchlichen Sphäre im
»Vaterländischen Frauenverein«, der freilich ebenfalls einen karitativen Zweck hatte. Daß
überhaupt Frauenvereine gegründet wurden, kann als Anzeichen für die Emanzipation der
Frau gewertet werden. Gerade der »Vaterländische Frauenverein« mit seinen zu dem von
Männern gegründeten »Roten Kreuz« parallel laufenden Zielsetzungen zeigt, wie die Frauen
wenigstens auf dem Gebiet der öffentlichen Wohltätigkeit mit den Männern gleichzogen.
Dieser Entwicklung entspricht die zunehmende Einbeziehung der Frauen in die Männervereine
, von der anfänglichen Beteiligung an geselligen Veranstaltungen bis zur Mitgliedsfähigkeit
der Frauen558.

Schließlich ist noch die Gruppe der gemeinnützigen Vereine hervorzuheben, die wichtige
öffentliche Aufgaben übernahmen. Hier wird ein staatsbürgerliches (Selbst-) Bewußtsein
deutlich, das nicht mehr allein dem Staat die Besorgung dieser Aufgaben überließ, sondern in
eigener, freier Gruppeninitiative Aufgaben in beschränktem Maß übernahm. Auf diese Weise
kommt das bürgerliche Bewußtsein, etwas für das Gemeinwesen zu leisten, zum Ausdruck.
Umgekehrt fördert auch »das Hineinwachsen der Vereine ins Öffentliche... die Emanzipation
des Individuums vom Staat«559.

Insgesamt verlief die Entwicklung innerhalb des Sigmaringer Vereinswesens so, daß bis
zum Ende des 19. Jahrhunderts den meisten sozialen Bevölkerungsschichten und -gruppen
unterschiedliche Vereine offenstanden. »Mit dem Bewußtsein einer Vereinsfähigkeit wuchs
die Vereinsbereitschaft bis zur Vereinsfreude und -leidenschaft. So kann man in einem
umfassenden und funktionalem Sinn von der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als von einer
>Zeit der Vereine< sprechen«560. Diese für das Hamburger Vereinswesen getroffene Feststellung
Freudenthals kann auch auf Sigmaringer Verhältnisse übertragen werden.

15. SCHLUSSVERGLEICH

Die Gründung der Museumsgesellschaft fiel in eine Zeit des politischen und gesellschaftlichen
Wandels im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen561. Mit der Aufnahme in den
Rheinbund 1806 hatte der Fürst von Hohenzollern-Sigmaringen die Souveränität erhalten;
1833 gewährte er eine Verfassung und eine Ständeversammlung. In dieser Zeit entwickelte sich
Sigmaringen zu einer repräsentativen Residenzstadt, gekennzeichnet u.a. durch Bevölkerungswachstum
, Verbesserungen im Bildungs- und Sozialwesen und durch kulturelle Errungenschaften
wie dem Hoftheater.

Ausdruck und Förderung dieses Wandels sind denn auch die Vereinsgründungen. Als
erster Ort zur Bildung und zum Gedankenaustausch bestand eine Lesegesellschaft. Als diese
Lesegesellschaft nicht mehr genügte, die weitergehenden kulturellen und vor allem geselligen
Bedürfnisse zu erfüllen, wurde die Museumsgesellschaft gegründet. Das entspricht einer
allgemeinen Tendenz zur Loslösung von der aufklärerischen Tradition und zur Hinwendung
zu eher zweckfreier Beschäftigung mit Kultur, wie sie für das Bürgertum des 19. Jahrhunderts
üblich wurde562. Diese Entwicklung wird besonders bei den Lesegesellschaften des 19. Jahr-

558 Vgl. oben, S.119f. und S. 121 f.

559 Nn>perdey(wieAnm.l8)S.196.

560 Freudenthal (wie Anm. 12) S. 181.

561 Vgl. dazu: Kuhn-Rehfus (wie Anm. 52) S. 47f. und Ziegler (wie Anm. 52) S. 41 ff.

562 Vgl. dazu: Nipperdey (wie Anm. 13) S. 193.

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