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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0132
Andreas Zekorn

museum, und versuchten rechtlich wie bildungsmäßig mit ihr gleichzuziehen. Deshalb erfolgte
eine besondere Betonung des Bildungsgedankens, um den Mitgliedern bessere Chancen in
Beruf und Alltag zu vermitteln, d.h. Künste, Gewerbe, Kultur und Ökonomie zu befördern573.
Auch nach außen verfolgte der Verein ein gemeinnütziges Ziel, wenn er schriftliche Mitteilungen
und Aufsätze gemeinnützigen Inhalts..., in dem hiesigen Anzeigeblatt dem Publikum
bekanntmachen wollte574. Aus diesen Zielsetzungen spricht eine stärkere Verhaftung in der
Aufklärungstradition als bei der Museumsgesellschaft575.

Die innere Organisationsform beider Vereine weist demokratische Strukturen und Verfahrensregeln
auf: von der Gleichberechtigung der Mitglieder bis hin zur Selbstverwaltung des
Vereins. Dies deutet wiederum auf die Tradition der frühen Lesegesellschaften hin. Die
demokratischen Strukturen innerhalb der Vereine waren tauglich zur Einübung demokratischer
Verfahrens- und Verhaltensweisen und schärften das Bewußtsein für Demokratie
innerhalb des Vereins und in der staatlichen Sphäre. Die Vereine stellten insofern einen
Freiraum dar, in dem sich bürgerliche Ideale schon vor ihrer staatlichen Ausprägung verwirklichen
ließen576.

Darüber hinaus wirkte die Beschäftigung mit (tages)politischen Themen in den Zeitungen
und die Diskussion innerhalb des Vereins bewußtseinsbildend. Dabei muß bemerkt werden,
daß die im Museum gehaltenen Zeitungen und Zeitschriften neben politischen auch viele
unpolitische Bildungsinhalte wissenschaftlicher, literarischer und künstlerischer Natur vermittelten
. Doch wirkte die Diskussionsmöglichkeit in der Öffentlichkeit des Vereins und die
demokratische Organisation politisierend auf die Mitglieder. Liberale Tendenzen zeigen sich
dann auch bereits im Zeitungsprogramm von 1825.

Schon vor 1848 läßt sich ein Wirken der Museumsgesellschaft in der staatlichen Sphäre
vermuten. »Angehörige der bürgerlichen Intelligenzschicht, Beamte, Advokaten und Geistliche
« 577, also genau die Schicht, aus der sich die Museumsmitglieder rekrutierten, wurden als
erste Anfang der 1830er Jahre von der liberalen Strömung erfaßt. So mag schon zu dieser Zeit
die Gesellschaft Hilfe geleistet haben beim Ubergang des Fürstentums vom patriarchalischen
zum konstitutionellen System, diesen Vorgang vorbereitet und forciert haben. Denn gerade
die Einführung einer konstitutionellen Regierungsform stieß in Sigmaringen nicht auf allgemeine
Zustimmung. Der Verein kann auf mehrfache Weise als Bindeglied zwischen Staat und
Gesellschaft fungiert haben: erstens auf direkte Weise, indem sich Repräsentanten der
politischen Macht, wie die fürstlichen Geheimen Räte, als Privatleute mit den »Beherrschten«
im Verein trafen, und in dem über die Diskussion ein informeller Einfluß auf die Politik
ausgeübt wurde. Zweitens kann der Verein überhaupt als Bindeglied zwischen bürgerlicher
Gesellschaft und Staat fungiert haben578. Diese These wurde auch von liberalen Theoretikern
des 19. Jahrhunderts wie z. B. Robert Mohl vertreten. Mohl begriff den bürgerlichen Verein als

573 Statuten, Bürgerverein, 1836, §1.

574 Statuten, Bürgerverein, 1836, §7.

575 Vgl. dazu Nipperdey (wie Anm. 13) S. 177f.: »Soweit sie der Aufklärung verpflichtet waren, sahen
sie etwa ihre Aufgabe darin, nützliche Kenntnisse, wie sie u.a. von der Wissenschaft bereitgestellt wurden,
zu verbreiten und zu popularisieren und auf das praktische Leben anzuwenden...« (ebd., S. 178).

576 Die Vorgänge innerhalb des Bürgervereins 1849 legen hiervon Zeugnis ab (vgl. oben, S. 181 f.). Vgl.
dazu auch: Dann (wie Anm.2) Einleitung, S.21 und Nipperdey (wie Anm. 13) S. 196ff.

577 Gönner (wie Anm. 52) S. 23.

578 »Mit dem Staat und nur mit ihm war die Auflösung der alten ständisch-feudalen Gesellschaft
durchzusetzen. Der Staat erschien nicht als Gegner, sondern als Inaugurator und Hüter der bürgerlichen
Gesellschaft, er war ein Agent der Freiheit. Dementsprechend kann im Deutschland des 19. Jahrhunderts
von einer isolierten Trennung oder einer absoluten Entgegensetzung von Staat und bürgerlicher Gesellschaft
nicht die Rede sein. Beides ist vielmehr vermittelt und eine ganze Reihe von Vereinen fungieren als
Elemente solcher Vermittlung« (Nipperdey, wie Anm. 13, S. 198). Dabei ist dieses Verhältnis zwischen
Staat und bürgerlicher Gesellschaft durchaus ambivalent, und die Kooperation war von beiden Seiten
begrenzt (ebd., S. 198 ff.).

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