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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0180
Rainer Loose

Schultheiß Johannes Mayer ist Eigentümer des größten freieigenen bäuerlichen Besitzes. Wie
man verschiedenen Erwerbs- und Verkaufsnotizen entnehmen kann, bilden die freieigenen
bäuerlichen Güter Objekte der Bodenspekulation. Denn es werden teilweise Äcker und
Wiesen ge- und vertauscht oder gekauft, um zu arrondieren bzw. Grundstücke in besseren
Flurorten zu erhalten.

Außer diesen in Billafingen ansässigen bäuerlichen Grundeigentümern bewirtschaften
noch zehn sogenannte Ausmärker Felder in Billafingen. Sie wohnen in den Nachbarorten
Emerfeld (2), Egelfingen (7), Grüningen (1) und Sigmaringendorf (1) und besitzen hier Äcker
zwischen einem Viertel und zwei Jauchen.

Schließlich verfügt noch die Gemeinde Billafingen über einen teilweise, u.a. im Wald,
beträchtlichen Grundbesitz. Hinzuweisen gilt es besonders auf die 15 Krautgärten und 15J
Acker im inneren Stephelfeld (Stefansfeld), die wohl den 15 Häusern mit voller Holz- und
Feldgerechtigkeit gleichsam als ideelle Nutzungsrechte zustehen. Das der Gemeinde gehörige
Haus ist das Hirtenhaus und war um 1718 (vor 30Jahren, gerechnet ab 1748) die gemeine
Schmiede.

Die Trennung in grundherrliche und frei-eigene Güter hat juristische und fiskalische
Gründe, in der bäuerlichen Realität und Wirtschaft spielte sie aber keine gravierende Rolle.
Denn es gibt - nach der Namensgleichheit beurteilt - durchaus einige Bauern, die aus
grundherrlichen Lehengütern und frei-eigenen Äckern und Wiesen respektable landwirtschaftliche
Betriebe zusammengefügt haben, u. a. Michael Guhl, der das Vierte herrschaftliche
Schupflehen innehat und zugleich über ein Haus mit Scheuer und 26/2 J Acker, 2 Mm Wiese
und 1 Gerechtigkeit verfügt, zusammen also 2 Wohngebäude, 2 Scheuern, 4 Kraut- oder
Baumgärten, Acker, 7 Mm Grünland und 2 Gerechtigkeiten bewirtschaftet. Sein

Namensvetter Moyses Guhl, Inhaber des Zweiten herrschaftlichen Schupflehens, besitzt
außerdem das Weberhäuslein mit Scheuer, WA] Acker, l%Mm Wiese und 1 Gerechtigkeit,
zusammen also zwei Wohngebäude, 2 Scheuern, 6 Kraut- oder Baumgärten, %2XA] Acker,
71/gMm Wiese und 2 ganze Gerechtigkeiten. Der Betriebsgröße nach folgen dahinter die
beiden übrigen herrschaftlichen Schupflehenträger Sebastian Kienle (Erstes Schupflehen) und
Johannes Kienle (Drittes Schupflehen), die beide noch um die 70J Ackerland bestellen.

Agrarsoziologischen Kriterien zufolge darf man diese vier Schupfleheninhaber zur vollbäuerlichen
Schicht zählen, vielleicht auch noch den Schultheißen Johannes Mayer, der 43/2 J
Ackerfeld besitzt. Alle anderen Grundeigentümer besitzen weniger als 30 J Acker und müssen
daher den halb- und unterbäuerlichen Gruppen zugerechnet werden. Sie gehören wohl, ohne
daß dies ausdrücklich so festgehalten ist, der Seidnerschicht an. Ihre Ackernahrung war bereits
so klein, daß sie auf nichtagrarischen Zuerwerb oder Taglohnarbeit angewiesen war. Welche
Möglichkeiten sich boten, verrät bei drei Wohngebäuden die beigefügte Berufsbezeichnung
des Inhabers, nämlich Vieh hüten (Hirtenhäuslein), Weben (Weberhäuslein) und Schmieden
(Nagelschmiede). Die übrigen Kleinbauern gingen dann wohl anderen Nebenerwerbstätigkeiten
nach, d.h. sie verdingten sich innerorts bei sich bietenden Gelegenheiten als Taglöhner
oder waren auf Wanderschaft oder sie lebten - falls sie infolge Invalidität dazu nicht imstande
waren - von Bettelei und Almosen.

Die gegebene auf Bodenbesitz aufbauende Kennzeichnung der Einwohnerschaft Billafingens
läßt wichtige Aspekte der Einkommensermittlung und des Lebensunterhalts außer acht.
Verwiesen sei auf die Nutzungsrechte in Feld und Wald, die durchaus gestaffelt waren, doch
nicht in der Weise, daß dadurch das bisher gegebene soziologische Bild neu gezeichnet werden
müßte. Denn wie der Tabelle entnommen werden kann, bleibt die gravierende Kluft zwischen
wenigen vollbäuerlichen Besitzern und vielen mittel- bis kleinbäuerlichen Grundeigentümern
bestehen. Gewichtiger ist in dieser Hinsicht der Ertrag, der auf den bewirtschafteten Feldern
eingebracht werden kann. Aber auch da erkennt man, daß die auf Regeln und Ordnungen
beruhende Wirtschaftsverfassung einem individuellen Anbau und Gewinnstreben hinderlich
war. Ganz überwiegend wird nämlich die Ackerflur im System der flurzwanggebundenen

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