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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0182
Rainer Loose

Hagtore auf den Öschwegen aufs Feld gelangen. Die Hagtore waren verschließbar, damit
nicht das Vieh auf die angebauten Felder lief. Lebende Zäune trennten auch die drei Osche
voneinander und umgaben die anderen nicht-flurzwanggebundenen Wechselfelder.

Das Dorf selbst bestand 1748 aus der Kirche St. Nikolaus und 35 Gebäuden, davon waren
16 Scheuern oder Wirtschaftsgebäude mit Ställen. Sie gruppierten sich um den Platz bei der
Kirche oder reihten sich an der gemeinen Gasse auf, wo auch die herrschaftliche Zehntscheuer
stand, die aus dem Holz des Herrschaftswaldes errichtet worden und auf herrschaftliche
Kosten zu unterhalten war. An der Dorfgasse befand sich weiter das 1723 erbaute herrschaftliche
Jägerhaus, das keine Allmendgerechtigkeit hatte, sondern das erforderliche Brennholz im
Herrschaftswald selbst schlagen mußte. Außerdem existierte ein realgeteiltes Einhaus, das auf
der wüsten Hofstätte eines um 1720 zusammengefallenen Seidnerhauses erbaut worden war
und das sich die Allmendgerechtigkeit im Verhältnis von 3:1 teilte. Ein anderes realgeteiltes
Haus bewohnten Johannes Müller Jung (2/3 Anteil) und Antoni Schäfer (lA Anteil). Beide
teilten sich eine Gerechtigkeit »zu Holz und Feld« zu gleichen Teilen. Bemerkenswert bei
diesem realgeteilten Haus ist die Aufteilung nach Kammern und nicht nach Stockwerken oder
Hausteilen (vorderer, hinterer Teil), was auf komplizierte Erbteilungen schließen läßt.

Das Dorf Billafingen zählt 1748 zu den kleineren Siedlungen der Grafschaft Hohenzol-
lern-Sigmaringen. An einer Stelle ist von 15 Höfen die Rede, was gut zur Zahl der Gerechtigkeitsbesitzer
paßt. Diese fünfzehn bäuerlichen Höfe haben aber stark voneinander abweichendes
Aussehen. Der größte Hof (das Erste herrschaftliche Schupflehen) besteht aus mehreren
locker auf einer Hofraite angeordneten Gebäuden, wobei eine Scheuer durch die gemeine
Gasse vom übrigen Gebäudekomplex getrennt ist. Auf einer Seite stoßen Sebastian Kienles
frei-eigene, aber unbebaute Hofstatt, an die eine Allmendgerechtigkeit gebunden ist, und der
Backofen an. Wir dürfen aus den Lagebeschreibungen der einzelnen Gebäude auf eine
Hofform schließen, die in der Literatur als Haufenhof bezeichnet wird. Hauptmerkmal des
Haufenhofes ist die unregelmäßige Einteilung und Bebauung der Hofraite mit monofunktionalen
Gebäuden, d.h. Wohnhaus, Stall und Stadel stehen getrennt, Backhaus und Holzschuppen
sind dazwischen eingestreut. Von diesem Bauernhoftyp heben sich andere Formen, u. a.
das Einhaus ab, das bei dem Zweiten herrschaftlichen Schupflehen uns entgegentritt. Lehenhaus
und Scheuer sind unter einem Dach aneinandergebaut, Hof und Hofraite liegen
beieinander und stoßen an einer Seite an die Hülb, d.i. ein Wassertümpel. Die Kraut- und
Baumgärten zählen hier nicht zur Hofraite, im Gegensatz zum Haufenhof, wo auch ein
Gemüsegarten (so beim Dritten herrschaftlichen Schupflehen) auf der Hofreite liegt. Von
diesem Typ des Einhauses führt der Kataster fünf auf.

Über die Baumaterialien, mit denen die Wohngebäude gebaut sind, erfahren wir beiläufig,
daß in Billafingen zum Hausbau noch überwiegend Holz verwendet wurde, wobei unklar ist,
ob die Block- oder Fachwerkbauweise vorherrschte. Vermutlich waren die meisten Wohngebäude
als Fachwerkhäuser errichtet worden, teilweise - wie das realgeteilte Einhaus des
Johannes Müller Jung und Anton Schäffer - zweistöckig. Freilich, viele Häuser wurden in den
Jahren zuvor nicht gebaut. Von 1720 bis 1748 kamen nur vier neue Häuser, zumeist kleine
Bauten, hinzu. Den Kirchturmneubau hatte man gerade 1746 begonnen und bis zum Sommer
1747 zur Hälfte fertiggestellt, so daß die neue Uhr angebracht werden konnte, alles auf Kosten
der Heiligenfabrik St. Nikolaus. Aber für den Neubau des Kirchenschiffs fehlte vorerst das
Geld. Zwanzig Jahre später (1767-1769) hat man auch ihn gewagt.

Das kleine Gemeinwesen Billafingen regelte seine inneren, weniger wichtigen Angelegenheiten
selbst. Bei Gericht waren die vierzehn Bürger (neben den Bürgern gab es noch eine
unbekannte Zahl von Beisitzern oder Hintersassen) durch zwei gewählte Vertreter vertreten.
Da die Bürgerschaft zu klein war, war sie in das Gericht auf dem Rathaus zu Langenenslingen
inkorporiert. Den Schultheißen bestimmten die Billafinger aus ihren Reihen selbst, die
Herrschaft mußte ihn allerdings förmlich anerkennen und bestätigen. Er sollte des Lesens und
Schreibens kundig sein. Für seine Mühen und Aufwendungen war der Schultheiß von der

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