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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0226
Leopold Stierle

Der Vermerk des Hofbibliothekars Barack auf dem Rücken des Anniversars über dessen
Alter ist daher durchaus berechtigt. Unbekannt ist allerdings, woher Barack sein Wissen
bezogen hat. Als Teil der J. v. Laßberg'schen Sammlung ist das Anniversar III im Jahre 1853 in
die Hofbibliothek Donaueschingen gekommen, wo es heute als Handschrift 651 aufbewahrt
wird. Es kann nicht angegeben werden, wie v. Laßberg in den Besitz des Anniversars
gekommen ist. Zu dieser Frage äußert sich Eduard Johne ganz allgemein: »Die Zeit, alte
Handschriften und Frühdrucke zu erwerben, war ja außerordentlich günstig. Nach allen
Seiten hin hatte Laßberg Beziehungen, und mit Waidmannslust und Jägersinn spürte er alle
Manuskripte auf und erwarb sie. 1803 waren die Klöster sekularisiert worden, und manch altes
Schriftgut war verstreut, ja verschleudert worden; nur wenige verstanden den Wert dieser
kostbaren Dinge. Welch fruchtbares Feld bot sich da dem Spürsinn eines Laßberg dar!« So
dürfte das Anniversar und noch eine ganze Anzahl anderer Urkunden aus dem Kloster Beuron
in die Hände Laßbergs gelangt sein14.

Jede Seite des Anniversars hat 6 waagrechte Spalten für das Kalendarium. 7 Spalten sind für
das Ende des Monats Mai eingezeichnet und 4 für die letzte Seite. Die Seiten sind fortlaufend
beschrieben mit den Monatstagen, den Tagesbuchstaben in Majuskeln und den Heiligenfesten.
Es enthält etwas mehr als 200 Einträge von Heiligenfesten und 72 Gedenkeinträge für Verstorbene
und ist somit das umfangreichste Anniversar. Wenn Anniversar II als Entwurf für III
angesehen werden muß, ist anzunehmen, daß die beiden Gründungsgeschichten, die auf
Blatt 1 von III stehen, ursprünglich auch auf den heute ausgeschnittenen Blättern 2-3-4 von II
gestanden haben. Das Anniversar III verdient unsere besondere Aufmerksamkeit. Herberhold
ist der Ansicht, daß das erste Blatt mit den beiden Gründungsgeschichten erst nachträglich,
um die Mitte des 18. Jahrhunderts, in das Anniversar eingebunden worden ist. Als Begründung
führt er den Text der Gründungsgeschichten selbst an, die andere Qualität des
Pergamentblattes und auch Schriftvergleiche mit Einträgen, die tatsächlich erst zu einer
späteren Zeit erfolgt sind. Fest steht aber - eine sorgfältige Untersuchung des Anniversars hat
dies ergeben -, daß dieses erste Blatt von Anfang an eingebunden gewesen ist. Nachträgliche
Manipulationen am Einband können nicht festgestellt werden. Gleich dünne und weichere
Pergamentblätter finden sich auch noch an anderer Stelle des Anniversars.

Auf Grund verschiedener Merkmale und Übereinstimmungen - sie können hier nicht
einzeln aufgezählt werden - steht fest, daß der Schreiber, der den Rahmen des Anniversars
(Tagesangaben, Wochenbuchstaben, Heiligenfeste und Vermerke am Schluß des Anniversars
nach dem 31. Dez.) angelegt hat, auch den Text der beiden Gründungsgeschichten geschrieben
hat. Diese Feststellung ist von noch weiterer Tragweite als das Auffinden der Urschrift des
Catalogus. Sie berechtigt zu der Feststellung, daß die Karls-Urkunde schon 200 Jahre früher
entstanden sein muß, als bisher allgemein angenommen wurde. Die Urkunde war ja in den
Annalen eingetragen, aus denen der Text der ersten Gründungsgeschichte im Anniversar
herrührt.

Der Rahmen des Anniversars wurde mit schwarzer (roter) Tinte geschrieben, die Gedenkeinträge
dagegen mit Tinte in einem bräunlich grauen Ton. Am linken Rand von Blatt 1 ist
eine senkrechte Begrenzungslinie gezogen, von der aus waagrechte Linien im Abstand von je
knapp 4 mm abzweigen. Der Text ist gleichmäßig zwischen zwei solche Linien geschrieben.
Buchstaben mit Ober- oder Unterlängen und selbstverständlich die Majuskeln ragen über die
Linien hinaus und sind jeweils 6 mm hoch. Viele Gedenktage wurden auf diese Weise
eingetragen. Diese Einträge könnten zum Grundstock des Anniversars gehören.

Der Text der zweiten Gründungsgeschichte ist wortgetreu dem Liber fundationum
entnommen. Ausgelassen sind dazwischen nur zwei kurze Sätze und die Angaben über die
Klostervogtei der Jahre 1092, 1172, 1253 und 1392. Der Text der ersten Gründungsgeschichte
entspricht wortwörtlich den Ziffern 3, 4 und 5 des Extractus Annalium Beuronensium.

14 Karl S. Bader: Joseph von Laßberg, Mittler und Sammler. 1955. S. 381.

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