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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0252
Joachim H. Schleifring

Bestattung 298 barg das vollständig erhaltene Skelett eines 50-60 Jahre alten Mannes mit
einer Körperhöhe von etwa 176 cm (Abb. 1). Bis auf einen zu Lebzeiten ausgefallenen
Backenzahn war das Gebiß vollständig erhalten. Die Frontzähne sind mit einer Kruste von
Zahnstein bedeckt, welcher als Ursache einer Parodontose, einhergehend mit Atrophie des
Kieferknochens, gelten kann.

Bestattung 335 stellt das mit Ausnahme der Unterschenkel vollständig erhaltene Skelett
eines etwa 70Jahre alten und etwa 179 cm großen Mannes dar. Am Gaumendach verläuft
entlang der Naht ein schwach profilierter Wulst. Die meisten Backen- und Mahlzähne des
Oberkiefers sind zu Lebzeiten ausgefallen; ein Backen- und ein Mahlzahn sind kariös. Hinzu
kommt eine Parodontose mit Atrophie, auch am Unterkiefer. An der Wirbelsäule erkennt
man die knöchernen Randzacken degenerativer Veränderungen, besonders an den Lendenwirbeln
, sowie die Einbrüche von Bandscheibengewebe in die Wirbelkörperoberflächen. Die
beiden Kniescheiben weisen ebenfalls Veränderungen auf.

Bestattung 346 erwies sich als vollständig erhaltenes Skelett eines knapp 70 Jahre alten und
etwa 179 cm großen Mannes (Abb. 2). Am Gaumendach verläuft ein schwacher Wulst. Neben
den zu Lebzeiten ausgefallenen Oberkiefer-Mahlzähnen fallen besonders die Knochenresorptionen
im Bereich des oberen rechten ersten Schneidezahns sowie des oberen linken zweiten
und dritten Mahlzahns auf. Sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer treten Zahnsteininkru-
stierungen auf und damit ursächlich im Zusammenhang stehend Parodontose. Die Wirbelsäule
weist schwere Veränderungen entzündlich-degenerativer Natur auf, so sind der zweite und
dritte Halswirbel miteinander verbunden (Abb. 3), vier Brustwirbel zu einem Block verwachsen
(Abb. 4) und Randzacken an den Lendenwirbeln ausgebildet. Erwähnenswert sind des
weiteren knöcherne Auswüchse auf den beiden Kniescheiben (Abb. 5).

Bestattung 356 schließlich ist das vollständig überlieferte Skelett eines etwa 60-70Jahre
alten Mannes, der etwa 179 cm groß war. Drei der vier Weisheitszähne fielen schon zu
Lebzeiten aus. Alle Zähne sind zahnsteinüberzogen, sicher die Ursache der ebenfalls vorhandenen
Parodontose. Zwei Lendenwirbel zeigen Verknöcherungen der hinteren Fortsätze und
Gelenkflächen. Die Gelenkflächen der Halswirbel sind rechts größer als links (Abb. 6). Die
Kniescheiben tragen knöcherne Wülste; dies kann auch an der Ansatzstelle der Achillessehne
an den Fersenbeinen beobachtet werden.

Auswertung

Die anthropologische Untersuchung ergab bei vier der acht Gammertinger Skelette ein
überdurchschnittlich hohes Sterbealter (bei den übrigen vier ließ der Erhaltungszustand keine
genaue Diagnose zu). Wenn man sich vor Augen führt, daß die damalige Lebenserwartung
zwischen 30 und 40 Jahren lag, die Gammertinger Skelette aber ein Sterbealter jenseits des 50.
oder 60. Lebensjahres aufwiesen, wird die Bedeutung dieses Befundes erst richtig klar
(Tabelle). Als Gründe für die höhere Lebenserwartung können bessere hygienische Verhältnisse
, medizinische Versorgung, aber natürlich auch eine abwechslungs- und vitaminreiche,
gesunde Ernährungsweise gelten. Zusammenfassend darf festgestellt werden, daß die hohe
Lebenserwartung den Erwartungen entspricht, die man gemeinhin an die der sozial gehobenen
Schichten knüpft (Tabelle).

Bei allen Skeletten und Skelettresten ließ sich die Körperhöhe berechnen. Die Frauen und
Männer waren groß bis sehr groß. Vergleichswerte belegen, daß sich die Angehörigen der
sozialen Oberschichten von denen der sozialen Unterschichten durch eine größere Körperhöhe
abhoben (Tabelle). Die in der Gammertinger Michaelskapelle Bestatteten fügen sich in
dieses Bild nahtlos ein. Untersuchungen alamannischer Gräberfelder ergaben ebenfalls, daß in
den reicher ausgestatteten Gräbern größere Menschen bestattet lagen (z.B. Weingarten;
Tabelle).

Insgesamt konnten 92 Zähne von vier Personen untersucht werden. Zweimal traten kariöse

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