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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0266
Neues Schrifttum

durch Seitenangaben mit dem dtv-Atlas zur Weltgeschichte verzahnt sind, »dem mit der Geschichte weniger
Vertrauten« hier tatsächlich eine hinreichende erste Orientierung geben, ist fraglich. Zu empfehlen wäre
einem solchen Leser in jedem Fall die parallele Lektüre eines Handbuchs zur deutschen Geschichte und einer
der älteren oder neueren Quellensammlungen zur deutschen Verfassungsgeschichte (verwiesen sei hier nur
auf das ebenfalls bei dtv erschienene Bändchen »Kaiser und Reich« von Arno Buschmann).

Die Darstellung ist in zwei Teile (Früh- und Hochmittelalter - Spätmittelalter und Frühe Neuzeit)
gegliedert und setzt mit der Entstehung des älteren deutschen Reiches im 10. Jahrhundert ein. In gleicher
Weise wie die zentralen staatlichen Einrichtungen sind auch die Territorien berücksichtigt, die nicht nur in
ihrem Verhältnis zum Reich behandelt werden, sondern deren innere Entwicklung auch zur Sprache
kommt. Ein instruktiver Anhang zur allgemeinen historischen Entwicklung der einzelnen deutschen
Länder (»Die deutschen Territorien im Uberblick«, S. 289-337) entspricht in knapper Form dem von
Friedrich (nicht Dietrich, vgl. S. 337) Uhlhorn und Walter Schlesinger verfaßten Abschnitt in »Gebhardts
Handbuch der deutschen Geschichte«; er richtet sich als Orientierungshilfe wiederum an den Leser ohne
tiefere Vorkenntnisse und wird dem intendierten einführenden Charakter des Buches gerecht.

Dies gilt auch für die Literaturhinweise am Ende eines jeden größeren Abschnitts, die sich auf das
Wesentliche beschränken und in denen die Titel umsichtig kommentiert sind.

So ist Boldt mit diesem ersten Band eine konzise Verfassungsgeschichte gelungen, in der die Ergebnisse
der neueren Forschung überzeugend zusammengefaßt sind und für die vertiefende Lektüre einschlägige
Hinweise gegeben werden.

Ludwigsburg Robert Kretzschmar

Alltag im Spätmittelalter. Hrsg. von Harry Kühnel mit Beiträgen von Helmut Hundsbichler, Gerhard
Jaritz, Harry Kühnel und Elisabeth Vavra. Edition Kaleidoskop im Verlag Styria: Graz, Wien, Köln
1984. 384 S., 430 Abb., 48 in Farbe.

Die Beschäftigung mit der Geschichte ist nun schon seit einigen Jahren verstärkt von dem Bemühen
geprägt, sich den vergangenen Alltag zu vergegenwärtigen. Charakteristisch für diesen Trend - man spricht
auch gerne von einer »neuen Geschichtsbewegung« - ist, daß er in besonderem Maße von nicht professionellen
Historikern getragen wird. In einer Vielzahl von lokalen und regionalen Initiativen wurden und werden
von interessierten Laien in Arbeitsgruppen Materialien gesammelt, noch lebende Zeugen gefragt, Heimatmuseen
gegründet, »Spuren gesichert«. Geschichte ist auf neue Weise wieder populär.

Dem Interesse am Alltäglichen haben sich die Fachhistoriker nicht verschlossen. Die Kritiker der nun
schon nicht mehr ganz so neuen Tendenzen (Kocka, Wehler) sind in der Minderheit, Alltagsgeschichte
wird auch in Forschung und Lehre betrieben, gelehrte Geschichtswissenschaftler arbeiten »außerdienstlich
« in Arbeitsgruppen engagiert mit. Und veröffentlicht wird zum Thema vieles, manches Buch
angesichts der guten Verkaufsaussichten wohl auch gar zu schnell in den Druck gegeben...

Unter den zahlreichen Publikationen zur Alltagsgeschichte ragt der hier rezensierte Band als besonders
gelungen hervor. Wohl niemand ist für die Herausgabe einer an ein breiteres Publikum gerichteten
Veröffentlichung über den Alltag im Spätmittelalter durch solide Forschungsarbeit so prädestiniert wie
Harry Kühnel, der Geschäftsführende Direktor des schon 1969 (!) gegründeten Instituts für mittelalterliche
Realienkunde Österreichs in Krems an der Donau. In den Beiträgen Kühneis und der übrigen Autoren
- sie alle sind Mitarbeiter am genannten Institut - ist die jahrelange Beschäftigung mit dem Thema
greifbar. Sie zeigen auch, wie sehr unser Bild vom Spätmittelalter durch alltagsgeschichtliche Forschungen
erweitert und vertieft worden ist. Alltagsgeschichte beschränkt sich eben nicht auf die detailverliebte
Zustandsbeschreibung, auf das unverknüpfte Sammeln von Belegen zu Bedingungen und Erscheinungen
menschlicher Existenz in der Vergangenheit. Vielmehr geht es darum - so Kühnel (S. 7) -, bei Anwendung
interdisziplinärer Methoden »die Vielfalt der Lebensäußerungen und -ausformungen in ihrem unmittelbaren
Konnex mit den wirtschaftlichen und sozialen Strukturen, mit den geltenden Wert- und Normsystemen
zu verstehen«. Dementsprechend beschäftigen sich die einzelnen Beiträge nicht nur mit Bereichen
wie Nahrung, Kleidung und Wohnen, sondern beispielsweise auch mit »Zeitbegriff und Zeitmessung«,
»Normen und Sanktionen«, der spätmittelalterlichen Frömmigkeit, der Einstellung zum Tod und mit
alltagsgeschichtlichen Aspekten von Kunst und Literatur. Im Vordergrund steht dabei meist das Leben in
der Stadt, weniger das auf dem Land, und den »Problemen der städtischen Gemeinschaft« ist auch ein
eigenes Kapitel gewidmet, während ein solches für die Dorfgemeinde fehlt. Die bevorzugte Berücksichtigung
urbaner Lebensbedingungen und -formen hat wohl ihre Ursache darin, daß dafür die Quellen besser

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