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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1987/0269
Besprechungen

Der Charakter der Ausstellung (sie wurde vom 18.Juli bis 3. November 1985 im Hauptstaatsarchiv
Stuttgart gezeigt) war geprägt durch die Zusammenarbeit von Hauptstaatsarchiv und Landesbibliothek.
Den größten Teil der Exponate bildeten schriftliche Dokumente: Pergamenturkunden, Handschriften,
Aufzeichnungen und Illustrationen verschiedener Art, frühe Drucke. Ergänzend traten daneben einige
gegenständliche Denkmäler wie das 1495 von König Maximilian an Eberhard im Barte verliehene
Herzogsschwert, Münzen und Medaillen oder auch die »Paternoster«-Kette Eberhards.

Im Mittelpunkt der Rückschau steht die überragende Herrscherpersönlichkeit des Grafen Eberhard im
Bart (1445-1496), der, »selbst noch ganz in mittelalterlichen Kategorien herangewachsen, die zukunftsweisenden
Zeichen der Zeit in besonderer Weise verstand und verkörperte« (S. 5). Diese Entwicklung war
dem dritten Sohn aus der Ehe von Graf Ludwig L von Württemberg und der Pfalzgräfin Mechthild nicht
vorgezeichnet. Erst der frühe Tod der beiden älteren Brüder rückte Eberhard in den Vordergrund. Seine
Jugendjahre sind geprägt durch die Problematik der Vormundschaft; um diese stritten der Bruder von
Eberhards Vater, Ulrich V. von Württemberg, und der Bruder seiner Mutter, Kurfürst Friedrich der
Siegreiche von der Pfalz. Der erstere konnte sich durchsetzen, war aber gezwungen, sich durch das Votum
der »Abgeordneten« seines Landes bestätigen zu lassen. 1459 mußte Ulrich seinem Neffen die Regierung
des südlichen Landesteils mit der Hauptstadt Urach überlassen. Eberhard strebte - besonders nach der
Niederlage gegen den Pfälzer Kurfürsten 1462 - die Wiedervereinigung des seit 1442 geteilten Landes an.
Durch diplomatische Verhandlungen, Bündnis- und Hausverträge gelang es ihm mit dem Münsinger
Vertrag von 1487, die Einheit beider Landesteile wiederherzustellen. Die eigentliche Regierungsgewalt lag
bei Eberhard d.Ä., während seinem Vetter Eberhard d.J. in Stuttgart ein Mitspracherecht und die
Regierungsnachfolge vorbehalten blieb. Die Außenpolitik Eberhards war bestimmt durch das Bemühen,
den Frieden zu erhalten und den Status quo zu sichern. Württemberg entwickelte sich unter seiner
Herrschaft zu einem der bedeutendsten Territorien im deutschen Südwesten. Eberhard selber wurde zum
»Landesvater«, »dem man uneingeschränkt Vertrauen zuwenden konnte bzw. der es förmlich auf sich
zog« (S. 10). Bereits von Krankheit gezeichnet, wurde ihm 1495 die Erhebung in den Herzogsstand zuteil,
die das Land zum Herzogtum machte.

Neben der innen- und außenpolitischen Entwicklung Württembergs im Spätmittelalter wird auch das
gesellschaftliche und geistig-kulturelle Leben der Zeit illustriert. Ausführlich dokumentiert ist die
Hochzeit Eberhards mit Barbara Gonzaga aus Mantua im Jahre 1474, die mit einem glanzvollen Fest
begangen wurde. Durch diese Heirat kam Württemberg mit einem der Zentren der italienischen
Renaissancekultur in Berührung.

Der zur Ausstellung erschienene Katalog stellt weiterhin Hof und Hofstaat, Bevölkerung und
Sozialstruktur, Gewerbe und Handel, kirchliche Verhältnisse sowie Kultur und Bildung zur Zeit des
großen Württembergers vor. Jedem der Kapitel ist eine Einführung vorangesetzt; die z.T. farbig oder
schwarz-weiß abgebildeten Exponate werden ausführlich beschrieben und in ihren geschichtlichen
Zusammenhang gestellt. Der Ausstellungskatalog bildet somit ein »Geschichtsbuch« für Württemberg im
ausgehenden Mittelalter, das anhand ausgewählter Zeugnisse einen lebendigen Eindruck der Zeit vermittelt
.

Ludwigsburg Nicole Eickhoff-Böttcher

Thomas Schulz: Der Kanton Kocher der Schwäbischen Reichsritterschaft 1542-1805. Entstehung,
Geschichte, Verfassung und Mitgliederstruktur eines korporativen Adelsverbandes im System des
alten Reiches. Esslingen 1986. 281 S., 1 Karte (Esslinger Studien. Schriftenreihe Bd. 7).

Als König Sigismund der Reichsritterschaft 1422 gestattete, sich in Einungen zusammenzuschließen,
leitete er eine verfassungsrechtliche Sonderstellung dieser Personengruppe ein, die bis zum Ende des
Reiches 1805 andauerte. »Die Reichsritter waren zwar reichsunmittelbar, aber keine Reichsstände; sie
wiesen zwar über den Lehensnexus Verbindungen zu den einzelnen Reichsfürsten auf, waren aber nicht
landsässig« (S.53) Aus dieser Definition wird die Konfliktlage erkennbar, in der die Reichsritter lebten:
Allein der Kaiser, nicht das Reich als Institution sicherte ihre Privilegien: Immedietät, Steuerfreiheit,
kaiserlicher Gerichtsstand, freie Konfessionswahl. Der Kaiser wiederum sah in den Reichsrittern ebenso
wie in den Reichsprälaten, Reichsgrafen und Reichsstädten ein willkommenes Gegengewicht gegen die auf
Ausweitung und Arrondierung ihrer Territorien drängenden Reichsfürsten.

Waren die Einungen des 15. Jahrhunderts freiwillige Zusammenschlüsse vieler Partner, boten die
Türkenhilfen des 16. Jahrhundens den Reichsrittern Anlaß und Gelegenheit, sich als eigenständige

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