Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 13
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0015
Zum historischen Hintergrund des Walthari-Liedes

Zur Herkunft Walthers am Inneralamannien

Walthari und sein Vater Alphere sind in Inneralamannien beheimatet. Diese Behauptung
ist die Folgerung aus der Existenz einer unabhängigen germanischen Quelle, die beide Namen
- in völlig anderer Konstellation zueinander - mit den Burgundern verbindet.

In ihrer nordschwäbischen Fassung gibt die schwäbische Herkunftssage7 in wenigen
Zeilen Auskunft über die Vorbesitzer des von den Schwaben eroberten Landes: »Um diese
Zeit hatten die Wilherer den Alpker, des Roustein von Wilzin Sohn, in diesem Lande zum
Herzog über sich erwählt anstatt eines Königs, weil vor längerer Zeit, als diese Wilherer eine
große Niederlage erlitten, ihr König Walderich mit dem ganzen königlichen Stamme umgekommen
war. Deshalb hatten sie aus dem Stamme der Burgunden Adilvolch, des Königs
Walderich Sohn, sich zum König gesetzt. Während also die Schwaben, wie oben gemeldet ist,
auf der Ebene (das heißt auf der Schwabaue südlich der Donau) sich aufhielten, sandte Herzog
Alpker eine Botschaft nach Burgund an König Adilvolch, er möge doch mit einem gewappneten
Heere kommen und die fremden Völker, welche in jenem Lande aufgetaucht wären, zu
Boden schlagen.«

Die Boten des Alpker brauchten nicht weit zu reiten, denn am Ende des 4. Jahrhunderts
saßen die Burgunder noch in nächster Nachbarschaft unmittelbar jenseits des früheren
obergermanischen Limes.8 Die Sage erzählt weiter, wie die Schwaben mit Hilfe einer List
siegten. Ihren Aufenthalt in der Schwabaue südlich der Donau möchte ich mit dem bei
Ammianus Marcellinus und anderen4 berichteten Einfall der Juthungen in Rätien zusammenbringen
, der Sage nach nur Zwischenziel auf dem geplanten Marsch nach Italien. Als Kaiser
Valentinian II. diese ihre Pläne vereitelt und sie mit Hilfe der Hunnen und Alanen wieder aus
Rätien vertrieben hatte, besetzten sie das Land der Wilherer.

Unter der Voraussetzung, daß das Zusammentreffen von sonst wenig gebräuchlichen
Namen9 mit der Erwähnung der Burgunder kein Zufall ist, datiert die Aussage der schwäbischen
Herkunftssage das Waltharilied bis in die Zeit der suebischen Landnahme. Beide
Überlieferungen sind erst Jahrhunderte später fixiert; die mündliche Tradition mit vielen
Einzelheiten führt in Zeiten zurück, die lange vor der dichterischen Bearbeitung des Stoffes
liegen.

Zurück zum Walthari-Lied: Hier deuten geographische Gründe auf Inneralamannien als
Heimat Walthers und ursprüngliches Ziel der Flucht hin. Wenn er um 400 n. Chr. aus dem
Donauraum vom Hunnenhofe herkommend das römische Aquitanien oder auch Cabillonum
hätte erreichen wollen, dann wäre er unter Meidung Alamanniens durch Rätien und die
Sequana Maxima durchwegs auf römischem Boden in die Heimat gezogen. Da die Flüchtlinge
aber erst am Oberrhein in der Nähe von Worms auf reichs-römischem Boden auftauchen,

7 K. Müllenhoff: Von der Herkunft der Schwaben. In: Zeitschrift für deutsches Altertum 17 (NF5).
1874, S. 57ff. Vgl. Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, Bd. 6 (lO.Jahrh.). Leipzig 1891,
S. 126ff.: »Wie die Schwaben das Land, welches sie jetzt bewohnen, zuerst erhalten haben.«

8 E.Norden: Alt-Germanien. Leipzig/Berlin 1934, S. 7ff., zu Ammianus Marcellinus Buch 18.2, 15.

9 Die Namen Alpger und Walger finden sich in einer Schenkungsurkunde des Jahres 843 n. Chr. an
St. Verena in Straßberg bei Ebingen: vgl. Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde
in Hohenzollern 12. 1878/79, S. 77 (Hohenzollerische Regesten). Zum Fehlen von »Alp« als altgermanisches
Namenselement vgl. H. Arntz: Ein bajuwarischer Sax mit Runen aus Steinsdorf, BA Fürstenfeldbruck
. In: Germania 20. 1936, S. 132. Vgl. auch Althof a. a. O. 1905, S.40. Ins 4. Jahrhunden gehört der
alamannische Gaukönig Vestralpus (Ammianus Marcellinus Buch 16.12, 1 und 18, 2.18). - Der Name
Walterich kommt bereits im 10. Jahrhundert aus der Mode. Im 8.-10. Jahrhundert häuft sich sein
Vorkommen auffallend in Burgund in allen sozialen Schichten, vor allem aber bei Klerikern (G. Fritz:
Kloster Murrhardt im Früh- und Hochmittelalter. Forschungen aus Württembergisch Franken 18. 1982,
S. 19). Dies könnte vielleicht ein Hinweis darauf sein, daß hier am Ziel der Flüchtlinge des Walthari-Liedes
die andere, christliche Walther-Tradition entstanden ist, die vom Lebensabend des Walther Starkhand im
Kloster berichtet.

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