Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 46
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0048
Wolfgang Hermann

Unstimmigkeiten dieser An fielen in den Komplex von »Trieb und Traft«. Es ging dabei
nicht nur um das Betreten fremder Wirtschaftsflächen, sondern auch um den Trieb des Viehs
auf Allmendplätze und zu Viehtränken.

Ein solcher Streit wurde 1470 zwischen den Gemeinden Glatt und Dettingen ausgetragen
und urkundlich niedergeschrieben130. Die Übertritts- und Zufahrtsrechte, um die es ging,
betrafen den Teil der Zwing- und Banngrenze, den Reinhart in Absatz 6 auf Blatt 19r in
seinem Urbar beschreiben ließ; und zwar vom Mayerhof auf dem Priorberg in den Losgraben,
von dort weiter hinab zum Wolfswagni.

Mit der Zeig auf dem Priorberg grenzte Glatt an das Dorf Dettingen. Hart an der
Gemarkungsgrenze, zu Dettingen gehörig, lag der große Mayerhof, damals Hof auf dem
Preyelberg genannt. Gärten mit Obstbäumen umgaben ihn. Der Hof besaß einen Brunnen,
der von einem Wasen umgeben war. Für das Glatter Vieh, das von der Eichen-Allmend kam,
war das Wasser dieses Hofbrunnens sehr wichtig.

Einige hundert Meter westlich vom Priorberger-Hof beginnt ein breiter Graben, der noch
heute den Namen Losgraben trägt. Dieser befindet sich auf der Gemarkung von Glatt.
Zunächst verläuft er in östlicher Richtung, um dann in einem Winkel von ungefähr 70° nach
Süden abzubiegen132. Die Flurwege, die in der Nachbarschaft zum Priorberger-Hof und zum
Losgraben lagen und gleichzeitig die Zufahrt von Glatt dorthin markierten, sind heute kaum
mehr zu lokalisieren. Diese waren ein Weg, der hinunter zum Wolfswag führte, und der
Diebssteig. Der Wolfswag schien vom Losgraben aus in östlicher Richtung zu den Wiesen auf
Beuren und zum Neckar zu führen. Wie das Kartenblatt von 1842 jedoch zeigt133, setzt sich,
westlich vom Hof auf dem Priorberg, die Gemarkungsgrenze in einem schmalen Graben
geradewegs in Richtung Neckar fort. Das erwähnte Kartenblatt gab ihm gleichfalls den
Namen Losgraben. Es mag nun sein, daß die Glatter Einwohner gerade diesen Weg auf dem
Grunde des Grabens als Wolfswag, also mit »Weg zum Wolfswag«, bezeichneten.

Der Diebssteig verlief nun weiter südlich von einem der beiden Gräben. Er führte den
bewaldeten Hang hinunter ins Tal und setzte sich durch die Wiesen auf Beuren fort. Nach
Ausweis eines Situationsplans von 1732 markierte ein Stein diesen Weg am Rain unterhalb des
bewaldeten Hanges, der heute den Namen »Gelber Wald« führt. Der Stein befand sich etliche
Meter nördlich vom Bachbett der Glatt. Von ihm gelangte man bei einem Gang über die
Wiesen in nord-östlicher Richtung zur Mündungsstelle der Glatt in den Neckar134.

Der Name Diebssteig deutet nicht auf Diebe hin, sondern geht auf eine keltische
Sprachwurzel (gleich diet) zurück, welche soviel wie »Volk« bedeutet135.

Aus nicht näher erfahrbaren Ursachen sah sich die Gemeinde Glatt 1470 veranlaßt, ihr
Recht auf den Viehtrieb zum Brunnen auf den Hof des Priorberges einzuklagen. Der
Rechtsstreit vollzog sich mit der Billigung der Junker beider Dörfer, die jeden, den es berührt,
Gelübde und Eid erlassen haben. Das Gericht tagte auf Dürrenmettstettener Markung: zu
Durrnen am Espach zwischen Glatt und Dettingen. Zum Schiedsmann wurde Heinz Herter
von Empfingen bestellt. Heinrich Strenczing/oder Schwenztnig, Conlin Gunther und Martin
Gütland waren von Glatt, Hans Wernher, Konrad Pur und Konrad Wittendorf von Dettingen
dem Gericht zugeordnet. Zweimal nahm das Gericht den fraglichen Ort in Augenschein. Die
Vertreter beider Orte kamen zu Wort, hielten »Rede und Gegenrede« und bemühten Zeugen.
Das Urteil gründete sich auf Erfahrungen, die von »Menschengedenken« herrührten. Der
Schwur hatte Beweiskraft. Das Urteil lautete: Die von Glatt sollen beschwören, daß sie seit

130 StAS Ho 162 Urk. Nr. 19.

131 Mit einem Wag wird eine grubenartige Vertiefung in einem Flußbett bezeichnet. - Hermann
Fischer, Schwäbisches Wörterbuch. Bd. 6. Tübingen 1924. Sp. 314.

132 Primärkataster von 1842, Karten SW, XII/27 und XII/28.

133 Ebd.

134 StAS Ho 163 Akten Nr. 126. - Sie Abb. 8 und 9, S. 48, 49.

135 Hermann Fischer: Schwäbisches Wörterbuch. Bd. 2. Tübingen 1908. Sp. 193, 202.

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