Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 62
(PDF, 60 MB)
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Wolfgang Hermann

In myner Oberkait Zwingen und bennen In Irrung komen wurden, Alda solt Ir frid unnd
Recht darumb nemen und geben, Alsdann (= wonach) hinder myr in myner herschaft
gewonhait Recht (= Gewohnheitsrecht) oder wie Ir durch mich ye zu Zeitten beschaiden
werden, wie recht ist... »Recht geben« hieß für die Gemeinde schiedsrichterlich klären,
»Recht nemen« hieß, beim Herrn die Meinungsverschiedenheiten vortragen, dessen Entscheidung
abwarten und annehmen, wobei Hans versprach, nach der Gewohnheit Recht zu
sprechen: Das heißt, die auftretenden Zeugen aus dem Dorf suchten zusammen mit ihrem
Herrn das Recht, das sich aus der Tradition herleitete.

5. Der Hörigenverband war ein Schutzverband, doch ebenso auch ein Wirtschaftsverband, der
eher auf die Bedürfnisse der Herrschaft ausgerichtet war als auf die der Bauern. Diese
begaben sich in den Schutz einer Herrschaft und verpflichteten sich ihr durch Dienste und
Abgaben. Daher wurde den Untertanen nicht erlaubt, - auch wenn ihre Unzufriedenheit
noch so groß war oder der Herr seine Schirmherrschaft nicht erfüllte, - sich bei einem
anderen Herrn in Schutz zu begeben. Ir sollen auch kainem andern Herren wider mich,
mym Amtlut noch hindersessen noch auch suchen noch begeren irrich schirm, noch handha-
bung, dwyl (= sofern) ir dieser pflicht von mir nit ledig gelassen sigen (seid). In Einzelfällen
konnte der Wegzug genehmigt werden, doch nicht ohne Bezahlung einer Gebühr203. Altes
Recht bezeugte der Schwabenspiegel, das um 1275 entstandene Landrechtsbuch: Wenn der
Herr nicht schirmt, so darf der Hörige sich von ihm lossagen und sich einem neuen Herrn
verschreiben204. Jetzt war der Landmann kein gleichberechtigter Vertragspartner mehr, der
frei die Gegenposition vertreten konnte.

6. Persönlich frei war der »gemeine Mann« nicht mehr. Er war an den Rechtsbereich, den sein
Herr gesetzt hatte, gebunden. Wollte der Bauer ihn verlassen, z.B. zu einem Marktbesuch
nach Horb oder Sulz, so mußte er den Herrn oder dessen Amtmann um Urlaub bitten: Ir
sollen auch nit anders (soyemands notturft des erfordert) Urlaub begern noch erfordern, dann
von mir... Diese Bestimmung führt ein in die Leibherrschaft, in die der Untertan eingebunden
war. Sie band ihn an die Scholle und zwang ihn zur Bereitschaft, jederzeit dem Herrn
Dienst zu tun. Dies war dann auch ein wichtiger Punkt, den die Bauern für ihre Aufstände
von 1525 zum Anlaß nahmen.

3.2 Die Herrschaft Glatt unter Reinhart von Neuneck

3.2.1 Der rechtliche und politische Rahmen von 1534

Hans von Neuneck, der Vater Reinharts, hatte seine politische Ordnung für die eng
begrenzte Herrschaft Glatt innerhalb des von ihm geschaffenen Zinsbuches hinterlassen. Sein
Sohn Reinhart fand viele Gründe, diese Ordnung neu zu fassen. Einmal deswegen, weil bis
1533 der Herrschaftsraum wesentlich vergrößert worden war, zum anderen, weil der Bauernaufstand
von 1525 ihn in dem Gedanken bestärkt hatte, seine Herrschaft einem straffen
Regiment zu unterwerfen.

Die Rechte der Herrschaft wurden oft in Urbaren aufgezeichnet. Diese geben genaue
Aufschlüsse über die politischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse innerhalb der
dörflichen Welt wider. Sie stellen eine Quelle dar, welche die Verpflichtungen der Hörigen
beschreibt. Das Urbar ist eine qualitative Verbesserung des Zinsbuches, da es die Art und den
Umfang des bäuerlichen Besitzes genau beschreibt, und darin übersichtlicher als in den

203 So angewandt bei Hans Hofer aus Mühlheim. Die Entlassung erfolgte gegen die Zahlung von 30 fl.
Datum der Urkunde ist der 30. Nov. 1549 - Locher (wie Anm. 16) S. 225.

204 Der 1275 entstandene Schwabenspiegel führt aus: »Mit Leib und Gut sollen wir den Herren dienen,
darum daß sie uns beschirmen. Tun sie das aber nicht, so sind wir auch nicht zu dienen schuldig.« Zit.
nach Johann Adam Kraus: Von der Leibeigenschaft. In: HH3 (1953) S.30.

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