Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 67
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0069
Die niederadelige Herrschaft Glatt

nimmt an, daß sich noch im 16. Jahrhundert die Reichsritterschaft des Kantons Neckar/
Schwarzwald der Ritterordnung von 1560 vollständig angeschlossen hatte233.

Die Frage danach, ob ein Reichsritter in seinem eigenen Territorium wie ein Landesherr zu
betrachten gewesen war, läßt sich nicht klar beantworten, da der Begriff »Landesherr« noch
nicht eindeutig von der Wissenschaft definiert ist. Ebensowenig ist sich die Forschung darüber
einig, welche Kriterien erfüllt sein mußten, um von der Landeshoheit eines Herrn zu
sprechen234. Es kann von ihr gesagt werden, daß sie auf einer Anhäufung unterschiedlichster
Berechtigungen Fuß faßte. Ein einheitlicher Landeshoheitsbegriff für das alte Reich kann nach
Hellsterns Meinung nicht gefunden werden235, solange die Reichsstandschaft des Herren und
das Privileg der Hohen Gerichtsbarkeit als untrennbare Bestandteile der Landeshoheit angesehen
werden.

Ob nun Reinhart von Neuneck als Reichsritter auch »Landesherr« war, soll und kann hier
nicht entschieden werden. Entscheidend war jedenfalls seine herrschaftliche Stellung, die man
sicherlich mit einer »inneren Gebietshoheit« umschreiben könnte. Die oben genannten
Privilegien statteten Reinhart von Neuneck mit einer erheblichen Macht aus. Er besaß die
private Herrschaftsgewalt über Grund, Boden und Menschen. Die öffentlich-rechtliche
Herrschaftsgewalt bestand in der absoluten Gerichtsherrschaft, wenn man von der Niedergerichtsbarkeit
der Herren von Dettingen in dem gleichnamigen Dorf absieht. Eine »Hoheit«,
die nach außen hin zu demonstrieren geeignet gewesen wäre, mangelte seiner Herrschaft:
weder besaß er das eigene Meß und Maß noch das Münzregal. Außerdem muß man für ihn,
wie für die gesamte Reichsritterschaft, anmerken, daß die »Steuer- und Militärhoheit« nicht
beim Träger der Herrschaft, sondern bei seinem Ritterkanton lag236.

3.2.2 Die Pflicht des Untertanen, sich einem Herrn anzuvogten

Jeder Angehörige der Herrschaft war einem Herrn »angevogtet«. Damit anerkannte der
Untertan diesen als seinen Gerichtsherrn. Der Hörige wußte, daß sein Ritter bzw. Junker oder
Abt auch für ihn die Rechtsvertretung bei einem anderen Gericht übernehmen würde. Die
Schirmherrschaft begann, sobald der Hörige die Vogtgerichtsabgabe entrichtet hatte. Diese
bestand in der Regel aus einer Habergült - dem »Vogthaber«, oder bei Ärmeren in einer
Hühnergült. Die Höhe dieser Abgabe richtete sich zuweilen nach der Größe des zu schützenden
Gutes. Dazu zählten ein vorhandenes Haus, eine Scheuer und eine Hofstatt sowie die
Fddflur.

In der Herrschaft Glatt reichten die meisten Bauern den Vogthaber an Reinhart von
Neuneck. Die Kirche war von dieser Abgabe befreit. Im Dorf Glatt war die Reichung von
zwei Viertel Vogthaber üblich. In einem anderen Meß, dem Scheffelmeß, gaben Theis Müller
und Thoman Schwend je einen Scheffel als gerichtsherrliche Abgabe. Linhart Cämmerer gab
einen Scheffel und drei Viertel; Stefan Haug war für zwei Gütlein pflichtig: wegen einigen
Äckern, Haus und Tenne schuldete er einen Scheffel, wegen einer weiteren Hofstatt und ein
paar Äckern hatte Haug zwei Viertel zu geben. Aus 16 Haushaltungen reichte man den
Vogthaber, der 1503 noch als »Futterhaber« bezeichnet wurde. Es ist überraschend, daß 1534
für sechs Güter bzw. Gebäude und Personen keine Vogthaberreichung an Reinhart vorkam.

Auffällig ist zuerst der »Eberhartin-Hof«, den Lienhart Cämmerer zusätzlich besaß.
Dieser Hof schuldete schon 1503 keine gerichtsherrliche Abgabe. Im unklaren sind wir
weiterhin über die Durchsetzungskraft Hans d.Ä., der 1500 zahlreiche Güter und Personen
von seinem Vetter Hans d.J. (von Vörbach) übernommen hatte. In der Verkaufsurkunde trat

233 Ebd. S. 31.

234 Ebd. S. 42 ff.

235 Ebd. S. 44.

236 Ebd. S. 46.

67


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0069