Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 77
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0079
Die niederadelige Herrschaft Glatt

1519

In diesem Jahr hatte sich Margarethe Silbergerin vor dem Gericht der Herren von Neuneck
zu verantworten. Die Urfehde272, die uns darüber berichtet, stammt vom 26. Mai 1519. An
diesem Tage war Hans Oswald der entscheidende Gerichtsherr. Seine Brüder befanden sich im
landesherrlichen Dienst und waren außerhalb der Herrschaft Glatt.

Margarethe Silbergerin stand in diesen Tagen nicht das erste Mal vor dem Gericht der
Herren von Neuneck zu Glatt. ... Alls Ich wyland unnd vor erstlichen Zyten Den Edeln und
vesten Jungkhern Renharten, Wildhannsen und Hans Oswalten von Nunegk all dryen
gebrüdem und Jungkher Hainrichen von Nunegk Ihrem Vetter, Mynen gnedigen Jungkhern
In Ir Herlichkait gebiett Zwing unnd penn on Ir vergünnen und verwilligen Myn leben lang
Nymermer Zukomen, verpflicht und versprochen gewest, unnd mich demnach übersehen und
sollichs laider verbrochen hob, darumb ich wolverschulter Sachen und an mynem lyb straffwürdig
, wa mir hier In gnad nit bewesen were, In obbestimmter dryer gebrüder von Nunegk Zu
glatt gefencknus komen...

Wir wissen recht wenig von dieser Frau, doch lassen sich auf Grund der angedeuteten
Vorkommnisse einige Hypothesen rechtfertigen. Margarethe stand wegen Bruchs einer
Urfehde vor den Herren von Neuneck, welche sie vor »erstlichen Zyten«, also vor wenigen
Wochen, geschworen hatte. Sie war zuvor also unangenehm aufgefallen. Unangenehm fiel
man auf, wenn man die kirchlichen und religiösen Gebräuche und Pflichten nicht wahrnahm,
wenn man zur falschen Zeit lärmend auffiel, oder wenn man als Durchreisender fremde
Eigentumsrechte mißachtete oder durch Unehrlichkeit auffiel. Sicher ist, daß Margarethe der
Einwohnerschaft von Glatt wenig Positives bieten konnte. Weshalb war sie nach Glatt
gekommen? Hatte sie ein für die damalige Zeit »seriöses« Handelsgeschäft geführt? Träfe dies
zu, so wäre ein Jahrmarktsbesuch die rechte Gelegenheit. Mit dieser Möglichkeit hat es jedoch
seine Schwierigkeiten. Denn das Privileg Kaiser Karls273 auf Abhaltung eines solchen Marktes
hatte er erst 1521 erteilt. War in der Herrschaft Glatt diese Möglichkeit noch nicht gegeben, so
verfügten doch die Städte Sulz und Horb über das Marktprivileg: Am 26. Oktober 1284
verlieh der Stadt Sulz König Rudolf im Lager vor Waldeck die nämlichen Freiheiten, welche
Freiburg i. Br. hatte, nebst dem Rechte, jeden Donnerstag einen Wochenmarkt zu halten274.
Horb, das im 13. Jahrhundert Knotenpunkt für Verkehr, Handel und Gewerbe wurde, erhielt
damals Stadtrechte und 1277 wurde erstmals ein Markt erwähnt275. In der Herrschaft
Wehrstein, so zu Empfingen, durfte seit dem 10. November 1406 durch das Privileg König
Ruprechts276 jeweils Montags ein Wochenmarkt abgehalten werden. Im Mai 1519 wären diese
Markttage auf den 2./9./16./23./ und 30. Tag gefallen277. Will man die oben erwähnte Frage
bezüglich eines Handelsgeschäfts der Silbergerin weiter untersuchen, so stößt der Forscher in
das Feld des spätmittelalterlichen Sozialgefüges vor. Die gesellschaftliche Stellung der Frau
damals war so viel anders als heute, so daß wir die wirtschaftliche und rechtliche Unabhängigkeit
der damaligen Frauen nur bedingt und je nach Stadt unterschiedlich, annehmen dürfen278.
In unserem Fall wird man eher davon ausgehen können, daß Margarethe Silbergerin vielleicht
nicht als Landstreicherin, aber als Kräuterfrau unterwegs gewesen war. Es könnte nun
durchaus so gewesen sein, daß Margarethe den Wochenmarkt in Empfingen besuchen wollte
und dabei das neuneckische Gebiet betreten hatte und gesehen worden war.

Das Vergehen der Frau war offenbar schwer, so daß der Strafkatalog Leibesstrafen für sie

272 FAS-Glatt 166,3.

273 StAS Ho 163 Urk. Nr.51 vom D.März 1521.

274 Wie Anm. 85 S. 124.

275 Der Kreis Freudenstadt (Heimat und Arbeit). Stuttgart und Aalen 1978. S. 314.

276 Kraus (wie Anm. 123) S. 14 Nr. 69.

277 Wie Anm. 158 S. 210.

278 Edith Ennen: Frauen im Mittelalter. München 1984. S. 134 ff.

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