Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 85
(PDF, 60 MB)
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Die niederadelige Herrschaft Glatt

4.1.2. Der Kampf gegen die Leibherrschaft

Während des Bauernaufstandes 1524/25 wurde der Kampf gegen die Leibherrschaft mit
großen Emotionen geführt. Die »Zwölf Artikel gemeiner Bauernschaft in Schwaben« bezeichneten
die Leibeigenschaft als menschenunwürdig. Viele Städter schlössen sich den bäuerlichen
Haufen an, weil auch sie, vor allem in den Landstädten, einem Herrn leibeigen waren. In ihrer
Argumentation beriefen sich die Bauern auf den christlichen Erlösungsgedanken und nahmen
begierig Luthers Worte von der Freiheit des Christenmenschen auf. Sie erkannten nicht oder
wollten nicht erkennen, daß die biblischen Aussagen über die Erlösung des Menschen in die
politische Wirklichkeit unübertragbar waren. Ihre Hoffnung, der Adel möge auch hier zu
Gottes Wort zurückfinden, trog. Dieser war nicht bereit, dem Argument der Aufständischen
zu folgen, da Zustimmung den Verzicht auf ein wesentliches Machtinstrument bedeutet hätte.
Der Ausfall an leibherrschaftlichen Einnahmen wäre für die Herrschaften wohl noch zu
verkraften gewesen. Aber »für den Leib- oder Grundherrn verknüpften sich wirtschaftliche
Überlegungen und Fragen des Besitz- und Erbrechts am Leihegut mit den ehelichen Bindungen
seiner Eigenleute«306. Im wesentlichen ging es dem Adel um das Prinzip: Die Bauern
sollten nicht selbst Recht setzen - gegen das adelige Verständnis des göttlichen Willens und
dem daraus abgeleiteten Herrschaftsrecht.

Aus dem Blickfeld der Bauern ergab sich folgender Standort: Die Obrigkeit ist von Gott
gesetzt, und diese liegt bei den Herren. Man war auch bereit, ihnen zu gehorchen. Nur die
herrschaftliche Willkür sollte beschnitten werden - und alles war in ihren Augen Willkür, was
sich nicht aufgrund biblischer Aussagen bestätigen ließ. In ihrer Mehrzahl wandten sich die
Zwölf Artikel gegen materielle Benachteiligungen und Uberbesteuerungen: gegen den Zehnten
, gegen die Unfreiheit der Gewässer und Wälder. Die Leibherrschaft mißachtete das
menschliche Ehrgefühl und griff in die Intimsphäre des Menschen ein.

Aus diesem Grunde hatten sich vielleicht einige Bauern aus Glatt dem Haufen des Thoman
Mayer vom Vogelsberg angeschlossen, setzt man voraus, daß Reinhart von Neuneck schon
damals die Leibherrschaft so ausübte, wie es 1534 formuliert war.

4.1.3. Die leibherrschaftlichen Verhältnisse in der Herrschaft Glatt

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts war die Leibherrschaft in Glatt geteilt. Ihre Eigentümer
waren Zahmhans, Wildhans, Heinz und Wilhelm von Neuneck. Unzufrieden über den
Zustand, verglichen sie sich am 10. September 1426 über die Zuordnung aller Leibeigenen und
der vorhandenen Güter307. Leider wissen wir keine Einzelheiten darüber. Für das 16. Jahrhundert
bzw. etwas früher lassen sich als leibherrliche Erben vermuten:

- Linie Glatt A

Zahmhans (1394-1430, f 1433) mit Sohn Wilhelm (1425-1433). Dieser ist später Mitglied im
Johanniterorden. Ihre Nachfolger muß man wohl in Heinrich, dem württembergischen
Diener und dessen Sohn Anthonius sehen.

- Linie Glatt B

Heinz (1376-1388, f 1389) mit dem Sohn Wildhans (1392-1454, f 1454). Als Nachfolger
und Erbe muß Hans d.Ä. betrachtet werden308.

306 Walter Müller: Entwicklung und Spätformen der Leibeigenschaft am Beispiel der Heiratsbeschränkung
(Vorträge und Forschungen 14). Sigmaringen 1974. S. 7.

307 Locher (wie Anm. 16) S. 101.

308 Hierzu s. Stammtafel im Anhang II.

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