Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 154
(PDF, 60 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0156
Johann Ottmar

keit entspricht, jedoch durch den unterschiedlichen Aufnahmewinkel der Abbildungen 1 und
5 noch verstärkt wird.

Im Hinblick auf seine Gesamtgestalt nimmt der Kelch aus dem Freiburger Münsterschatz
eine Art Mittlerrolle zwischen den beiden anderen Kelchen ein. Beim Gefäß aus Neckarhausen
sind nicht nur die spitzen Blätter, sondern auch die vierblättrigen Blüten scharfkantig aus
den beiden Knaufhälften herausgetrieben, die ihrerseits nicht so voluminös ausgefallen sind
wie bei den beiden anderen Gefäßen. Im Kreis der Kelche aus dem ausgehenden 15. und dem
beginnenden 16. Jahrhundert gehören alle drei Objekte zu jener Gruppe, die auf die hart aus
der Knaufrundung heraustretenden rautenförmigen Zapfen verzichtet, dadurch die Rundformen
des Knaufes zur Wirkung kommen läßt und die durch Treibarbeit gestaltete Ornamentik
ganz auf pflanzlichen Motiven aufbaut.

Beim jüngsten Kelch sind die Blätter des Knaufes und die anstoßenden Felder des Schaftes
mit Maßwerkdekor überzogen, das an das Astwerk an spätgotischen Portalen erinnert. Die
wimpergähnlichen Gravierungen auf den unteren Feldern betonen deren Reckteckform. Der
Kelch von Neckarhausen erweist sich durch die ausladende Form seines Bechers und vor allem
durch den schweren, sich stufenweise aufbauenden profilierten Fuß als Angehöriger einer
jüngeren Kelchgeneration. Diese beiden Merkmale setzten sich ab etwa 1500 durch. Auch der
im Künstlerischen alle hier besprochenen Exemplare übertreffende Kelch von Straßberg, der
1515 in Basel entstand und ursprünglich für das Tübinger Augustinerkloster bestimmt war,
besitzt einen profilierten Sechspaßfuß64.

Was zur Kennzeichnung der Stifter und wohl auf ihre Veranlassung oder mit ihrer
Zustimmung den Kelchen beigefügt wurde, soll in diese vergleichende Betrachtung ebenfalls
einbezogen werden. Während sich der Kelch von Neckarhausen mit der kleinen kreisrunden
Wappenscheibe begnügt, deren Schild mit den drei Wolfsangeln derer v. Stein sich trotz der
ebenfalls vorhandenen Jahresangabe nicht mit einer bestimmten Person verknüpfen ließ, gibt
das mit einer Umschrift versehene Medaillon auf dem Kelch in Glatt ganz eindeutige Auskunft
über die Stifter. Die Eingravierungen auf der Unterseite bieten das Stiftungsjahr und, was
wohl als recht ungewöhnlich anzusehen ist, die Menge des für Kelch und Patene verwendeten
Silbers.

Beim Kelch des Peter Sprung sind alle Informationen auf der Kelchoberseite zu finden.
Der Wappenschild in Form einer Tartsche ist ohne jegliche Einbettung auf dem Kelchfuß
befestigt, und eine um die Tartsche schwingende, zum Teil abgeriebene Gravierung nennt den
Stifter und das Stiftungsjahr. Gegenüber ist die einzige rein ornamentale Gravierung zu
finden, die der Kelchfuß besitzt - ein Kreuz, dessen gleichlange Arme sich in zur Seite
schwingenden Linien auflösen. Somit kann dieser Kelch jener fast die Hälfte der oberrheinischen
Goldschmiedearbeiten umfassenden Gruppe zugewiesen werden, auf deren sichtbaren
Seiten oder Teilen nach den Forschungen von J. M. Fritz Gravierungen anzutreffen sind.
Dabei handelt es sich überwiegend um Maß- oder Blattwerk, denn figürlich ornamentierte
Kelche sind im genannten Raum selten63. Stifterinschriften oder -wappen, die mit dem
Grabstichel angebracht worden wären, scheint es im genannten Gebiet jedoch kaum gegeben
zu haben, und Medaillons mit Elementen aus Grubenschmelz und Niello dürften ebenfalls
keinen bemerkenswerten Anteil ausgemacht haben.

Spätestens hier stellt sich die bisher zurückgedrängte Frage nach dem Entstehungsort oder
-räum der beiden Kelche von Glatt und Neckarhausen erneut. Man wird wohl kaum
behaupten können, daß das Vorhandensein der Medaillons das Oberrheingebiet als Entstehungsraum
der beiden Kelche ausschließt, auch wenn es mir nicht gelungen ist, in den

64 Genzmer: Kunstdenkmäler Hohenzollerns Bd2, S. 345 f (Nr. 25); Fritz: Goldschmiedekunst. 1970,
S.235 Nr. 189 u. Abb. 165. Weitere Abb. von Kelchen von 1500 und später bei Schroth: Goldschmiedekunst
, Tafel 60 (Nr. 94) und bei Fritz (wie oben) Abb. 162 u. 163 (Text 188 u. 187).

65 J.M.Fritz: Gestochene Bilder, S.42-44 u. 194.

154


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0156