Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 165
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0167
Die jüdische Gemeinde Hechingen im 16. Jahrhundert

die Briefe von Schay und Mendlin eher auf Handel und Kaufmannschaft, der Hinweis auf
anderes gewerb und Redliche Handtierung lassen sogar eine Deutung in Richtung Handwerk
offen. Wenn überdies ein 1551 nach Burladingen zugelassener Jude Kaufmann Jud heißt25 und
wenn sich der lange Zeit in Hechingen ansässige Jude Lemlin 1573 als Kramer zu erkennen
gibt26, dann tritt bereits in diesen oberflächlichen Belegen zutage, daß ein Teil der zollerischen
Juden im 16. Jahrhundert von unterschiedlichen Formen des Groß- und Kleinhandels und
vom Geldverleih gelebt haben muß. Daß der Handel in der Grafschaft Zollern in den Händen
der Juden gelegen haben könnte, erhellt auch daraus, daß in den Quellen bis dahin kein
christlicher Händler in Hechingen zu ermitteln war.

Uber diese indirekten Belege hinaus verfügt das Hauptstaatsarchiv in Stuttgart über eine
Reihe von Prozeßakten, die zollerische Juden als Gläubiger von württembergischen und
hohenbergischen Untertanen, also als Geldverleiher, ausweisen. Diese Hof- und Kammergerichtsakten
sind deshalb angefallen, weil Juden aus Hechingen und Rangendingen in den 30er
und 40er Jahren des 16. Jahrhunderts ihre Schuldner vor dem Hofgericht in Rottweil auf
Zahlung von Rückständen verklagt hatten. Es werden in diesen Prozeßakten zwar nur jene
Geldgeschäfte sichtbar, bei denen es zu Unregelmäßigkeiten gekommen war, dennoch legen
sie bereits eine beachtliche geschäftliche Reichweite von zollerischen Juden offen.

Bereits 1533 prozessiert Copelman Jud aus Hechingen gegen den österreichischen Kastenkeller
in Rottenburg, wo ihm ein Haus gehört.27 Der 1544 von Haigerloch nach Hechingen
übersiedelte Seligman rechtet zwischen 1536 und 1551 um Außenstände in Oberndorf28, und
Lemlin Jud versucht 1554 in Horb Schulden einzutreiben.29 Andere zollerische Juden
kämpfen vor Gericht um Außenstände im Württembergischen und anderswo. So hatte etwa
Jacob Jud aus Rangendingen Geld nach Tübingen verliehen.30 Der aus Beihingen stammende
Jude Mosse von Hechingen prozessiert wegen Schulden im Raum Ludwigsburg, also seiner
früheren Heimat.3' Ebenfalls in diese Gegend, aber auch nach Rottenburg und Biberach hatte
David Jud aus Hechingen Geld verliehen.32

Alles in allem belegen die vorliegenden Quellen, daß von den 35 bekannten Juden in
Hechingen mindestens 17 und von den 11 Juden in Rangendingen wenigstens 4 im Geldverleih
tätig waren. Dies besagt zwar noch nichts über den Wohlstand der Hechinger Judenschaft,
aber es belegt hinreichend, wie dieses anrüchige Geschäft zunehmend zu ihrer ökonomischen
Basis geworden war.33 Von anderen Existenzmöglichkeiten soll'später noch die Rede sein.

Die Judenschulden zollerischer Untertanen

Die globale Verdrängung der Juden aus dem Handel durch christliche Kaufleute ließ ihnen
zunehmend nur noch den Geldverleih offen. Die Anhäufung von Geld aus Handelsgewinnen
und Kapitalgeschäften versetzte bestimmte Juden in die Lage, Bankfunktionen wahrzunehmen
, und dies fortschreitend nicht nur gegenüber Bürgern und Herren, sondern immer mehr

25 StAS FAS DH 73,3.

26 StAS FAS DH 128, 41.

27 Hauptstaatsarchiv Stuttgart (zitiert: HStASt) B 19 Liberi Fol. 179vff. Vgl. Braunn (wie Anm.4)
Nr. 406.

28 Braunn (wie Anm.4) Nr.419, 568.

29 Braunn (wie Anm. 4) Nr. 598.

30 Braunn (wie Anm.4) Nr.456, 518, 538, 566.

31 Braunn (wie Anm. 4) Nr. 456, 517, 526, 531, 537, 541, 550, 552.

32 Braunn (wie Anm. 4) Nr. 515, 522, 541, 550, 553.

33 Vgl. Helmut Veitshans: Die Judensiedlungen der schwäbischen Reichsstädte und der württembergischen
Landstädte im Mittelalter (Arbeiten zum historischen Atlas von Südwestdeutschland Heft 5).
Stuttgart 1970. S. 7ff. und eingehend zum Problem der Zinsgeschäfte Selma Stern: Josel von Rosheim.
Befehlshaber der Judenschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Stuttgart 1959. S. 92-101.

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