Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 171
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0173
Die jüdische Gemeinde Hechingen im 16. Jahrhundert

Hechingen, die 1544 auf Geschäftsreise war, aus dem Rahmen.50 Als sie im Württembergischen
gegen das Verbot Schulden einfordern wollte, wurde sie in Bietigheim arrestiert. Wegen
ihrer Armut und weil sie schwanger war, ließ man sie jedoch auf eine Urfehde hin wieder frei.
Ihr Beispiel zeigt übrigens auch, daß der Geldverleih die Juden nicht zwangsläufig reich
machte, und gerade die in diesen Jahren sich verschärfende Situation in Württemberg (siehe
unten) konnte kleinere Geldverleiher in ihrer wirtschaftlichen Grundlage erheblich schwächen
.

Eine vollends außergewöhnliche Rolle spielte schließlich die Jüdin Gütlin aus Albeck bei
Ulm. Sie fungierte 1533 am Hofgericht in Rottweil als »Anwältin« für den nun schon sattsam
bekannten Copelman Jud aus Hechingen und erwirkte für ihn ein Urteil gegen den hohenbergischen
Kastenkeller in Rottenburg, der dort ein Haus des Copelman hatte verganten
lassen.51 Die vorderösterreichische Regierung in Innsbruck zeigte sich in Schreiben an die
Amtleute in Rottenburg nicht nur über das für sie ungünstige Urteil erbost, sondern auch
darüber, daß dies der Geschicklichkeit einer jüdischen Prokuratorin zuzuschreiben war. In
einer Anweisung an den Kastenkeller zum weiteren Vorgehen kommt denn auch nicht nur die
antijüdische Haltung, sondern auch die Ablehnung von Frauen im Justizwesen zum Ausdruck
: es könne ain Jud nit procurator sein, so mag auch ain fraw die Cristin were, nach
gemainem Rechten nit procurator sein. Der Fall scheint später gütlich beigelegt worden zu sein
- unter Männern.52

Gemeindeleben

Es ist wenig, was wir über den Verkehr der Juden untereinander und über ihr Gemeindeleben
in Hechingen erfahren. Es ist ja auch immer die herrschaftliche Brille, die uns - selten
genug - Einblick in das jüdische Leben gewährt. Die Schirmbriefe bestätigen den Juden zwar
ihre kulturelle Eigenständigkeit und die freie Religionsausübung, in der Praxis sahen sie sich
schließlich doch einer gewissen Diskriminierung ausgesetzt. 1548, als sie wohl ihr Passahfest
begingen, wurden 13 Juden, darunter ein fremder, der wohl in Hechingen zu Besuch war,
wegen ihres vnfuogklichen weßenns, so sie Inn der Karwochen In Irenn Heußern vnd zum
theil vff der Gassen gethriben, mit Turm- und Geldstrafen bedacht (Karfreitag war 1548 am
30. März).53

Eine wichtige Rolle dürfte bei solchen Feiern, aber auch bei Hochzeiten und anderen
geselligen Anlässen, Anselm Jud genannt Schiffel gespielt haben, der zwischen 1540 und 1556
mehrfach als Lautenschlager begegnet.54 Ob Anselm vielleicht überhaupt der Musiker, der
Vorsänger der jüdischen Gemeinde war? Jedenfalls zählt er zu dem Personenkreis innerhalb
der Hechinger Judenschaft, der nicht auffällig in Geldgeschäfte verwickelt ist. Vielleicht war
sein Geschäft eben die Musik. Mit seinen 4 Gulden Jahrestribut zahlte er 1544 das geringste
Schirmgeld in der Grafschaft.

Auch der Rabbi Hägg von Rangendingen scheint mit seinen 5 Gulden Schirmgeld zu den
ärmeren Juden der Grafschaft gezählt zu haben. Auch er erscheint nicht in Angelegenheiten
des Mammons verwickelt, statt dessen 1550 einmal in Streitigkeiten mit dem Juden Lemlin von
Hechingen.55 Der Anlaß ist nicht überliefert, aber die darüber aufgerichtete Urfehde belegt,
daß die Juden auch untereinander ihre Händel auszutragen hatten. Auffällig ist, daß dieser

50 HStASt A 44 U276; vgl. Braunn (wie Anm.4) Nr. 491.

51 Wie Anm. 27, das folgende Zitat ebenda fol. 180\

52 Siehe unten S. 19.

53 StAS FAS DH 128, 41a.

54 StAS Ho 1 Nr. 944 fol. 137, FAS DH NZ 137 Bd. 13 fol. 70, FAS DH 128, 41a, Ho 1 alte Sign. C II 2aa
Nr. 14 (Pakt. 263). Uber jüdische Musikanten und Lautenspieler siehe Metzger (wie Anm. 48) S. 169f.,
172 und S.234.

55 StAS Ho 1 Nr. 944 fol. 235.

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