Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 179
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0181
Die jüdische Gemeinde Hechingen im 16. Jahrhundert

Württemberg hatte damit nach der Ausweisung der Juden 1498 nun auch sein Verhältnis
zu auswärtigen Juden auf eine vertragliche Grundlage gestellt, zugleich wurden seine älteren
Reichsprivilegien nun auch von den Juden endgültig anerkannt. In diesen Vorgängen spiegelt
sich anschaulich der Kampf der Zentralgewalt mit den Partikularkräften im Reich. Hatte
KarlV. auf dem Reichstag von Augsburg 1548 noch einmal ausdrücklich die Privilegien der
Judenschaft bestätigt, darunter das Recht, sich auf den Reichsstraßen frei zu bewegen, konnten
sie drei Jahre später nur mit Not verhindern, daß ihnen die Straßen eines ganzen Territoriums
gesperrt wurden. Es ist bezeichnend für die schwache Position des Reichs, aber auch für die
schlechten Verhandlungsbedingungen der Judenschaft, daß sie die Durchsetzung des Reiserechts
durch Württemberg als Erfolg betrachten mußten; ohne dies wäre die Verbindung
zwischen den jüdischen Gemeinden Südwestdeutschlands erheblich gestört worden. Die
umsässigen Judengemeinden, also wohl auch Hechingen, haben die Verhandlungsziele des
Vertreters der Judenschaft, Josel von Rosheim, der diesen Kompromiß mit Herzog Christoph
aushandelte, ausdrücklich gebilligt.96

Auch in der Tatsache, daß den Juden mit dem Verzicht auf Inanspruchnahme der
Reichsgerichte ein wichtiger juristischer Fürsprecher verlorenging, drückt sich der Machtverlust
des Reiches gegenüber den Territorialherren aus.97 Mosse Jud von Rangendingen, der es
1552 noch einmal wagte, einen württembergischen Untertanen vor das Hofgericht in Rottweil
zu ziehen, bekam umgehend die veränderten Machtverhältnisse zu spüren: er wurde gefangengesetzt
und erst auf eine Urfehde hin wieder freigelassen.98 Die Juden hatten somit endgültig
Württemberg als Terrain für ihre Geschäfte, aber auch die Möglichkeit, vor unabhängigen
Gerichten zu klagen, verloren. Im württembergischen Vergleich von 1551 manifestiert sich die
fortschreitende Verschlechterung der jüdischen Existenzbedingungen im südwestdeutschen
Raum.

Die österreichische Judenpolitik in Hohenberg

Und Württemberg steht nicht allein in der Zurückdrängung der Juden. Auch in der
österreichischen Herrschaft Hohenberg läßt sich die schleichende Verschlechterung der
jüdischen Existenzmöglichkeiten im Verlauf des 16. Jahrhunderts beobachten. Angefangen
von der Judenordnung Kaiser Maximilians von 1516 über die Erlasse von 1531 und 1548 bis
hin zum Judenmandat Erzherzog Ferdinands II. von 158099 geht es der vorderösterreichischen
Regierung in Innsbruck um die Kontrolle und Einschränkung jüdischer Geldgeschäfte in einer
Weise, die letztlich darauf abzielte, Juden vor einer Niederlassung in Hohenberg abzuschrek-
ken. Diese grundsätzliche Haltung macht sich schon früh bemerkbar, als 1530 anläßlich der
Ausweisungsverfügung für Mayr Jud in Kiebingen andere Herren - gemeint sind wohl die von
Ehingen bezüglich Obernau - gedrängt werden sollen, auf ihre Juden zu verzichten.100 Eine

96 Zur württembergischen Frage auf dem Augsburger Reichstag von 1551 und zu den Verhandlungen
Joseis mit Herzog Christoph siehe Stern (wie Anm. 33) S. 200ff. Bei Ludwig Feilchenfeld: Rabbi Josel
von Rosheim. Ein Beitrag zur Geschichte der Juden in Deutschland im Reformationszeitalter. Straßburg
1908 sind abgedruckt Kaiser Karls V. Judenprivileg von 1548 (195 f.), Joseis Brief an den württembergischen
Kanzler vom 6.2.1551 (S.200f.), der Brief der jüdischen Gemeinden an Josel vom 14.7.1551
(S.202f.)und der Vertrag vom 11.8.1551 (vgl. Anm.94). Vgl. Aaron Tänzer: Die Geschichte der Juden
in Württemberg. Frankfurt 1937 (Reprint 1983) S. 5.

97 Nach Güde (wie Anm. 68) behandelten die Gerichte bei aller ablehnenden Haltung der Juristen
gegenüber den Juden diese gleich den Christen als cives Romani, was die vielen positiven Urteile des
Hofgerichts und des Reichskammergerichts erklärt. Die Rechtspraxis an den Reichsgerichten milderte
also die gesellschaftliche Diskriminierung geringfügig.

98 Braunn (wie Anm. 4) Nr. 577.

99 Müller (wie Anm. 10) S. 38^10.

100 HStAST B 19 Liber 1 foL 118vf.: man solle bei den Adligen nachfragen, ob sie nicht lieber ihre Juden
abschaiden Hessen, dieweil der gemain arm Mann merkhlichen von Inen beschwert wirdet.

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