Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 184
(PDF, 60 MB)
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Casimir Bumiller

lediglich der Tübinger Johannes Reuchlin den Juden freundlich gesonnen.118 Die Haltung
protestantisch orientierter Fürsten geriet in den Einfluß von Luthers böswilligen Schriften
gegen die Juden von 1543.119 Schließlich verschärfte sich die antijüdische Haltung nochmals in
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Klima der interkonfessionellen Spannungen und
der Gegenreformation - und zwar im Bereich aller dreier Konfessionen gleichermaßen: 1553
weist das katholische Bayern die Juden aus, 1573 folgt das protestantische Brandenburg und
1577 die reformierte Pfalz.120

So betrachtet fügt sich letztlich die zollerische Judenpolitik mit einer Phasenverschiebung
in die globale Entwicklung ein, die seit dem Spätmittelalter eine Tendenz zur Ausweisung der
Juden erkennen läßt. Während ein großes zentral regiertes Land wie Spanien seine Juden in
einem Zug ausschaffen kann (1492), zeigt das zersplitterte Deutsche Reich hierin ein äußerst
diffuses Bild. Die Reichsstädte und einige größere Territorien, die die ältesten jüdischen
Gemeinden beherbergt hatten, beginnen im 15. Jahrhundert relativ früh mit der Ausweisung.
Kleinere Territorien und Herrschaften, die zuvor oft gar keine Erfahrung mit Juden hatten,
bieten jetzt anderswo vertriebenen Juden aus wirtschaftlichen Erwägungen eine neue Heimat,
oft auf dem platten Land. Die großzügige Ansiedlung von Juden in Hohenzollern nach 1500
gehört zu einer späten Entwicklung, die der allgemeinen Tendenz zunächst entgegenlief. Doch
Ende des 16. Jahrhunderts schwenkte die zollerische Judenpolitik in die vorherrschende
Tendenz zur Ausschaffung ein. Diese neue Politik ist eindeutig dem Grafen Eitelfriedrich IV.
zuzuschreiben. In einer Rentkammerrechnung von 1590 heißt es, daß Ire gnaden Als sy
mehrere Verderbung her gnaden Leibeigenen vund Andere vnderthonen in der Graueschafft
Hohenzollern in Antrettung der Regierung nit mehr sehen vund die Juden so zu Hechingen
Haußhablich mit verderbung dero vnderthonen in der gantzen Graueschafft gewonet billich
nit mehr gedulden wollen, dieselbigen Abgeschafft hätten.121 Daraus dürfte also hervorgehen,
daß die erste jüdische Gemeinde Hechingen bald nach 1576 zerschlagen war.

118 Über Johannes Reuchlin Güde (wie Anm. 117), Miller (wie Anm.62) S. 248ff., und Stern (wie
Anm.33) S.42ff.

119 Stern (wie Anm. 33) S. 148ff. und Deppermann (wie Anm.67) passim.

120 Veitshans (wie Anm. 33) S. 8f., vgl. dort auch S. 54ff. zur antijüdischen Politik der Kirche.

121 StAS FAS DH 56.263. Das Ende der jüdischen Gemeinde bestätigt auch das Rammingensche
Lagerbuch von 1580fol. 86v (StAS FAS DH NZ 137), wonach nur noch die Witwe des Anselm Jud aus
einem Haus an der Judenschule zinst, die Synagoge selbst jedoch als neuen Zinser, das heißt doch wohl
Besitzer, das Kloster Stetten bei Hechingen nennt.

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