Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 205
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0207
JOSEF MENATH

Der Kreuzwegmaler Georg Franz Vischer und sein
Stationsweg in der Kirche St. Johann zu Sigmaringen

Erst seit kurzem ist die Kirche St. Johann in Sigmaringen um einen neuen Kreuzweg
reicher geworden, der schon wegen seiner ungewöhnlichen Herkunft eine ausdrückliche
Vorstellung verdient, aber auch wegen seiner Qualität. Vorausgeschickt werden soll ein
historischer Rückblick, der zu klären versucht, wie es überhaupt zu Kirchenkreuzwegen kam.

A. ZWEI VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE EINRICHTUNG VON KREUZWEGEN

Der theologische und kunsthistorische Wandel der Christus-Polarität

Seit der Menschwerdung Gottes ist unser Christus-Glaube in eine radikale Polarität
eingebunden, stehen wir doch vor dem Problem, in unserem Denken wie in der Beziehungsbrücke
Jesus sowohl als Menschen wie auch als Gott gerecht zu werden; das Ideal läge in der
ausgewogenen Mitte eines Sowohl-Als-Auch.

Es ist hier nicht der Platz für eine breitere Darlegung, in welchem Ausmaß und mit
welchem Erfolg die Theologie von Anfang an mit dieser Polarität gerungen hat. Begnügen wir
uns mit der Feststellung, daß global betrachtet die Ostkirche stärker in Jesus die Göttlichkeit
sieht, während der Westen eher auch dem Menschsein Jesu gerecht zu werden versucht.

Trotzdem ist zu beobachten, daß Frömmigkeit und Kunst des ersten christlichen Jahrtausends
im Abendland andere Wege gingen als die amtliche Theologie.

Deutlich wird Christus auch bei uns im Westen anfangs weit stärker als souveräner
Herrschergott (Pantokrator) dargestellt denn als Mensch, der doch ebenfalls unter dem Gesetz
vom Werden und Vergehen stünde. Erst recht ist das echte Leiden Christi aus dem Bilderkatalog
gestrichen. Wo man schon nicht ohne das Kreuz auskommt, zeigt es einen mehr
thronenden als hangenden, mehr herrschenden als hilflos sterbenden Jesus. Diese Tendenz
mag natürlich mitdiktiert worden sein von dem Dilemma der Kirche, zuerst bei den antiken
Völkern und später nördlich der Alpen für einen Religionsgründer werben zu müssen, der in
den Fängen einer gnadenlosen Justiz einen gräßlichen und dazu höchst schändlichen Tod
starb. Wer wollte es ihr verdenken, wenn sie dieses Faktum in ihrer Selbstdarstellung
hintansetzte.

Der Kunst entsprach auch die Frömmigkeitsweise des ersten Jahrtausends: Zu einem Nur-
Gott Jesu schaut man anbetend auf, ihm wagt man sich nur in der Wir-Gemeinschaft oder in
der Vertretung durch den Priester zu nahen.

Daß in solchen Denkkategorien die Kreuzwegandacht noch keinen Platz haben konnte,
läßt sich leicht vorstellen.

* Druckfassung eines Lichtbildervortrags am 9. 11. 1989 in der Pfarrkirche St. Johann, Sigmaringen,
veranstaltet von der Pfarrei und dem Bildungswerk Sigmaringen in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft
für Kunst und Kultur, Sigmaringen.

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