Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 207
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0209
Der Kreuzwegmaler Georg Franz Vischer

B. DIE KIRCHEN-KREUZWEGE

Welch geradezu epochalen Einschnitt das mit sich brachte, ist nach unserem Eindruck
noch kaum bedacht worden. Er betraf zunächst die Frage nach der Zweckbestimmung eines
Gotteshauses. Dient es nicht vorab liturgischen Funktionen? Wollen Kreuzwegstationen
dagegen nicht vor allem als Objekte privater Frömmigkeit verstanden sein? Oder hat man
damals dieses Neue gar nicht gespürt, weil (im Gefolge der durch Bernhard und Franziskus
ausgelösten Ich-Du-Frömmigkeit) das Subjektive inzwischen längst auch auf den Liturgievollzug
(zum Beispiel »stille« Messen) übergegriffen hatte?

Von den Bildhauern zu den Malern

Vor allem richtete sich die Adresse der Neuerung an die Künstler. Für eine plastische
Wiedergabe der Kreuzwegstationen bot ein Kircheninneres nicht den gebotenen Platz. Aber
an den Wänden ließen sich entsprechende Gemälde anbringen. Damit waren die Maler gefragt,
auf sie kam nun eine ganz neue und neuartige Aufgabe zu.

Sie stellte an die Künstler die damals ungewohnte Forderung, eine Geschehens-Folge zu
hefern. Eine Folge zudem (und darin lag das zweite Problem), die ihnen abverlangte, einander
vielfach ähnliche Situationen (Fälle, Begegnungen) zu erzählen. Schließlich war die Thematik
jeder Einzelstation genau abgegrenzt, wobei ein Geschehensablauf (der doch eigentlich je drei
»Szenen« verlangt, mit Ausgangssituation, Aktion und Ergebnis) jeweils in einem einzigen
Bild einzufangen war.

Trotz dieser hohen Anforderung mußten die Künstler damit rechnen, daß solche Mühe
weit weniger (finanziell) honoriert wurde, als wenn sie etwa vierzehn separate Altarblätter
geliefert hätten.

Der Kanon der vierzehn Stationen

Etwa gleichzeitig mit seinem Einzug in das Kircheninnere - Außen-Kreuzwege blieben
trotzdem weiterhin beliebt - pendelte sich auch der Vierzehn-Stationen-Kanon des Kreuzwegs
ein.

Das Wann seines ersten Auftretens läßt sich nicht genau fixieren. Immerhin hat der Jesuit
Jodocus Andries in seinem Büchlein »Perpetua Crux«, das er 1649 mit einer Beschreibung aller
Lebensstationen Christi herausgab und mit Kupferstichen schmücken ließ, wohl kaum
zufällig von dort an, wo sein Büchlein die Verurteilung Jesu beschreibt, bis zur Grablegung
genau unsere bekannte Stationsfolge eingehalten. Er vergißt auch nicht, jeweils die Quelle des
Stationsgeschehens zu vermerken: für Jesu Begegnung mit seiner Mutter zum Beispiel
Bonaventura, für die drei Fälle und Veronika die Jerusalembeschreibung des Adrichomius.
Entweder regte also diese Aufeinanderfolge der »Perpetua crux« zur Fixierung des Vierzeh-
ner-Kanons an, oder aber der Jesuit fand ihn bereits vor und hielt sich schon 1649 an ihn.

Die Kompositionsnot der Maler

Doch kehren wir zu der Herausforderung zurück, die seit 1731 auf die Maler zukam. Zu
den schon oben genannten Schwierigkeiten trat noch der Umstand, daß im ersten Drittel des
18. Jahrhunderts Passionsszenen viel weniger gefragt waren als etwa im Mittelalter. Wie also
konnten die Künstler einem Kreuzweg-Auf trag gerecht werden?

Schon nach wenigen Jahren seines Sammeins zeichnet sich für den Kreuzwegforscher die
Beobachtung ab, daß sich die Maler eben nach jeder Art von Vorlagen umsahen, deren sie für
ihren Auftrag habhaft werden konnten. Weil es zunächst an ausgesprochenen Kreuzweg-
Kupferstichen mangelte, die sie hätten übernehmen können, hielten sie sich vor allem an zwei

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