Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 208
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0210
Josef Menath

Vorlage-Quellen: Das waren zum einen die Kupferstiche, die sich mit der Passion befaßten,
zum anderen Bilderfolgen, die sich gewissen Vorstufen des Vierzehnerkreuzwegs widmeten.

Eine solche Vorstufe waren vor allem die »Sieben Fälle«. Die Sadeler-Familie hatte sie
schon Ende des 16. Jahrhunderts gestochen, die Stiche waren den Malern leicht zugänglich,
und so konnte man daraus zum Beispiel das Fallen Jesu bei der Entkleidung als Wiedergabe
der 10. Kreuzwegstation übernehmen.

An Passionsbildern bot sich dem Kreuzwegmaler zum Beispiel der »Lanzenstich« von
Rubens (für die 12.) und dessen Kreuzabnahme (für die 13. Station) an. Sogar auf die
Grablegung Raffaels griff man zurück. Passionsfolgen der Augsburger Stecher Küsell, Göz,
Klauber und Waigel wurden in den ersten zwei Jahrzehnten der Kreuzwegmalerei besonders
gern kopiert. So manche Kreuzwegfolge, die in der spärlichen Literatur als besonders originell
oder wertvoll gepriesen wird, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als eine bloße Aneinanderreihung
solcher Ubernahmen.

Die Funktion der Andachtsbüchlein

Aber bald schon, wohl bereits vor 1731, entstanden für die private Andacht Kreuzwegbüchlein
, die mit entsprechenden Kupferstichen geschmückt waren: das Bild gehört ja
essentiell zu dieser Andachtsform. Erwähnenswert sind da zuerst die Stiche der oben
besprochenen »Perpetua crux«. Sodann führt das Augsburger Brüderpaar Klauber unbedingt
den Reigen der Vorbilder an. Die Ubernahmen ihrer Kompositionen verteilen sich in
beträchtlicher Dichte über den ganzen katholischen Raum Süddeutschlands bis nach Südtirol
hinunter.

Auch außerhalb von Andachtsbüchlein entstanden Kupferstichkreuzwege mit entsprechend
größerem Format, so von den Augsburgern Haid, Schmidt und Probst. Kleinformatiger
sind die Kreuzwegstiche des G. B. Göz, dessen Kompositionen von der »Perpetua crux«
abhängiger sind, als es sein Biograph wahrhaben will. Sogar ein italienischer Maler stand mit
seinem Kupferstich-Kreuzweg Pate für so manche deutsche Stationsfolge, nämlich Giandome-
nico Tiepolo.

Die Bedeutung der Kupferstich-Kenntnisse läßt sich in diesem Rahmen nur andeuten. Erst
wer die Vorlagen einer Stationsfolge kennt, kann seinen Wert ermessen, dem gegenüber dann
kein anderes Kriterium gelten darf als die Frage, was der betreffende Maler aus der ihm
vorgegebenen Komposition gemacht hat. Das Wissen um die Vorlage bringt zudem den
Vorteil der besseren Datierung eines Kreuzwegs. Er kann ja nicht früher entstanden sein als
seine Vorlage. Wie oft werden da viel zu frühe Jahreszahlen genannt, die einfach von der
Vorlage her absurd sind!

Die Palette der Übernahme-Möglichkeiten

Soviel mußte über die Bandbreite der möglichen Vorlagen vorausgeschickt werden, damit
verständlich wird, in welcher Situation sich ein Maler befand, der sich mit einem Kreuzweg-
Auftrag konfrontiert sah. Zählen wir seine Möglichkeiten auf, wie sie der Autor bei der
Erfassung von ca. 400 Kreuzwegen beobachten konnte:

1. Der Maler konnte sich entschließen, für alle vierzehn Stationen eigene Kompositionen
zu entwerfen. Das ist im 18. Jahrhundert freilich in den selteneren Fällen geschehen.

2. Er komponierte grundsätzlich selber und holte sich nur die eine oder andere Anregung
von einer Vorlage.

3. Er stellte aus allen möglichen Vorlagen eine eigene Stationsfolge zusammen.

4. Er übernahm großenteils eine einzige Vorlagenreihe und wich nur im Notfall - bei der
einen oder anderen Station - auf sonstige Vorlagen aus.

Auch bei der Übernahme jeder einzelnen Vorlage stand der Maler vor der Entscheidung,

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