Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 211
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0217
Der Kreuzwegmaler Georg Franz Vischer

einem Nachweis, daß auch der Sigmaringer keinem anderen als diesem Landshuter Vischer
zuzuordnen ist. Dafür spricht neben der übereinstimmenden Signatur vor allem auch die
überzeugende Parallelität der Rompositionen.

Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, wie sein Kreuzweg bis nach Sigmaringen gelangen
konnte. Unweit von Landshut liegt das ehemalige Augustinerinnenkloster Niederviehbach.
Die dortigen Nonnen werden die Bilder bei Vischer bestellt haben, sei es zunächst für sich
selbst, oder vermittelnd für ihr Schwesterkloster des gleichen Ordens in Inzigkofen.

Wenn der Kreuzweg ursprünglich in Niederviehbach hing, kann er aus den verschiedensten
Anlässen nach Inzigkofen gebracht worden sein. Von dort kam er in das Haus Nazareth
in Sigmaringen. Das war seine letzte Station, bevor er endlich wieder eine echte Heimat in
Sankt Johann fand.

Andere Fragen drängen sich auf: Was macht ein Kreuzwegmaler wie Vischer, wenn er so
oft mit dem gleichen Auftrag konfrontiert ist? Zeichnet sich ein organisches Nacheinander ab?
Vor allem aber: Gehört auch Vischer zu denen, die sich ihre Bildkompositionen einfach von
Vorlagen geholt haben? Zunächst ein vorläufiger Grobbefund. Der Sigmaringer Kreuzweg
fügt sich in jene sechs Stationsfolgen ein, bei denen sich Vischers Malweise am offensichtlichsten
treu geblieben ist, ohne daß man einen Entwicklungsprozeß ablesen könnte. Aus dem
Rahmen fallen hingegen der Kreuzweg von Moosburg und der von Ergoldsbach.

Der Kreuzweg von Moosburg wird von Dr. Lothar Altmann, dem versierten Autor des
Kirchenführers, auf das Jahr 1728 gesetzt. Wenn die Datierung zutreffen sollte (Altmann kann
sich nicht mehr erinnern, aus welcher Quelle er seine Information hat), dann handelte es sich
somit um einen der wenigen vor 1731 entstandenen Rreuzwege, die im Umkreis der
Franziskaner oder für eine Franziskanerkirche entstanden sind.

Noch früher aber ist der Rreuzweg von Ergoldsbach anzusetzen.

Bei genauerer Analyse und dem Vergleich mit den sechs anderen, nahezu identischen
Vischer-Rreuzwegen zeichnet sich folgendes Ergebnis ab: Der erste von Vischer geschaffene
Rreuzweg scheint der von Ergoldsbach zu sein, auf ihn folgte der von Moosburg, danach die
sechs anderen, von denen der 1738 gemalte von Heiligbrunn als der früheste gelten könnte.

Aus der Stationsfolge von Ergoldsbach spricht noch deutlich die für den Beginn bezeichnende
Rompositionsnot des Malers. Als eindeutige Ropien von Rupferstichen erweisen sich
die Stationen I und XI bis XIV. Aber auch andere - vielleicht sogar die meisten - Stationsbilder
dürften auf Vorlagen zurückgehen. Aufschlußreich sind auch die erfaßbaren Quellen. Die
Stationen I und XIV übernimmt Vischer aus einer Passions-(nicht Rreuzweg-)Folge des
Augsburgers Melchior Rüsell von 1677, die Stationen XII und XIII gehen wörtlich auf
P. P. Rubens zurück.

Die Unterschiedlichkeit der Vorlagen ist es auch, die uns in Ergoldsbach ein von Station zu
Station immer wieder verschiedenes Jesus-Antlitz präsentiert. Immerhin hat Vischer Jesu
Rleidung durchgehend einheitlich gestaltet. Es war dem Maler ja ohnehin auferlegt, das
Schwarz-Weiß der Rupferstichvorlagen in Farbe umzusetzen.

An dem Rreuzweg von Moosburg läßt sich zweierlei ablesen. Einerseits verrät so manches
Detail, daß sein Maler noch den in Ergoldsbach erwähnten Rompositionen verhaftet ist,
andererseits löst er sich hier bereits deutlich von den oben genannten Vorlagen. Die Hinentwicklung
zu den späteren sechs Vischer-Rreuzwegen bahnt sich deutlich an. Diese Beobachtung
ließe sich nur mit Hilfe vieler Bildbeispiele demonstrieren.

In Ergoldsbach hatte Vischer bis ins Detail hinein die Rubens-Romposition wortwörtlich
kopiert. Durch den ersten Satzteil des Stationstitels war diese Rreuzabnahme ja auch gerechtfertigt
. Aber nach dem »Jesus wird vom Rreuze abgenommen ...« fehlte eben noch die
Darstellung der zweiten Satzhälfte »... und in den Schoß seiner Mutter gelegt. Nun scheinen
sich aber damals bei den Rreuzwegmalern die Gewichte mehr auf die zweite Hälfte des
Stationsinhalts verlegt zu haben. Somit war der Rubens-Stich nicht mehr einsetzbar. Die
Romposition der 13. Station von Moosburg wächst in gleichem Maße aus der Rubens vorläge

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