Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., ZG 1563
Hohenzollerischer Geschichtsverein [Hrsg.]
Zeitschrift für Hohenzollerische Geschichte
24/25(111/112).1988/89
Seite: 218
(PDF, 60 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1988-89/0224
Rainer Loose

öffentlicher Wettbewerb ausgeschrieben werden, der im Frühjahr 1810 dann durchgeführt
wurde9. Dazu weiter unten mehr! Bleiben wir der Chronologie wegen bei dem Ideenprotokoll
des Pfarrers Mercy von 1808, da er darin weitere Vorschläge macht, die Einblick in die
damaligen schulischen Verhältnisse geben.

Ahnlich bedeutsam wie die Schulbuchfrage ist für Wilhelm Mercy auch die Wahl der
Gutachter und künftigen Landesschulvisitatoren. Denn ihn treibt die Sorge um, daß bei der
Ausgestaltung der neuen Schulordnung nicht die richtigen Vorschläge übernommen werden.
Er rät deshalb, die Pfarrer aus Hart und Langenenslingen als Ratgeber hinzuzuziehen. Sie
genießen nicht nur sein Vertrauen, sondern auch das der übrigen Geistlichen Hohenzollerns.

Ein anderer reformbedürftiger Punkt ist in den Augen Mercys die Lehrmethode und die
Lehrerausbildung. Da es aber kein Lehrerseminar im Fürstentum gibt, kann es keine Veränderung
der Lehrmethode und der Lehrerbildung geben. Eine einheitliche Lehrerausbildung muß
deshalb bis in günstigere Zeiten verschoben werden.

Sofortige Änderungen sollten hingegen bei der Lehrerbesoldung eintreten. Die Lehrer
würden nicht nur schlecht bezahlt, sondern müßten zudem bei den Eltern das ihnen
zustehende Schulgeld »abholen«. Mercy rät hier zur Umlage der Lehrerbesoldung nicht auf
einzelne Familien, sondern auf die Gemeindebürger insgesamt. Außerdem sei den Lehrern
endlich ihr Anteil an der Allmende zu geben, beziehungsweise seien sie bei der Verteilung der
Allmendgüter zu berücksichtigen.

Die Not und der Lehrermangel bringen dann Mercy auf die Idee, Nonnen aus aufgehobenen
Klöstern, die in Gemeinschaft ihre Pensionen verleben, im Schulunterricht, besonders der
Mädchen, einzusetzen. Wünschenswert sei dies schon deswegen, weil den Mädchen neben Lesen
und Schreiben auch Kenntnisse in Stricken, Nähen und Klöppeln (Spitzenherstellung) vermittelt
werden müßten, um sie auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter vorzubereiten. Wenn damit
der Vorteil verbunden sei, daß durch die Absonderung der Geschlechter mehr Zeit für jedes
einzelne Kind gewonnen werde, so sei dies ein willkommener Effekt. Den Klosterfrauen böte sich
eine sinnvolle Tätigkeit. Freilich gebe es verschiedene Hindernisse zu überwinden, nämlich die
Ordensgelübde und herrschsüchtige Oberinnen, die es nicht erlaubten, Nonnen außerhalb des
Konventes Tätigkeiten ausüben zu lassen. Aber mit etwas Geschick könne ein Theologe anläßlich
einer Visitation diese Bedenken ausräumen, vor allem wenn er ihnen ins Gewissen rede und ihnen
klarzumachen verstehe, daß durch eine Tätigkeit zugunsten der Gemeinschaft eine arme Seele aus
einem Fegefeuer gerettet werden könne. Mercy ist überzeugt, daß es möglich sein wird, Nonnen
erzieherische Aufgaben zu übertragen. Das Beispiel Gruol, wo seit sechs Jahren (das heißt seit
1803) zwei Nonnen unterrichten, bestärkt ihn in seiner Auffassung.

Schließlich lenkt Mercy die Aufmerksamkeit auf die guten Schüler und deren künftige
Förderung und Weiterbildung. Um den Nachwuchs an Pfarrern, Lehrern und Beamten
sicherzustellen, müsse man die Namen der guten Schüler der Regierung mitteilen. Diesen
Talenten solle geholfen werden, unter anderem dadurch, daß Pfarrer zusätzlichen und
unentgeltlichen Unterricht erteilten, damit sie gut vorbereitet auf Gymnasien und Universitäten
studieren könnten. Da es kein Gymnasium im Lande gebe, müßte eine Stiftung eingerichtet
werden, die es den weniger begüterten Schülern ermöglicht, die Studien im »Ausland« (das heißt
im Königreich Württemberg und im Großherzogtum Baden) durchzuführen. Dieser Gedanke
fand bei der Regierung späten Widerhall. So entstand erst 1818 das Gymnasium in (Sigmarin-
gen-)Hedingen, und am 13.Juli 1823 gründete Fürst Anton Alois einen Studienfonds für
begabte Schüler zum Besuch auswärtiger Universitäten und Hochschulen. Bemerkenswert ist in
der Regelung zur Vergabe der Stipendien die Bestimmung, daß stets der erste Preis an einen
Theologiestudenten gehen sollte10.

Kommen wir nun zur zweiten Äußerung Wilhelm Mercys über das Schulwesen in

9 Vgl. Wochenblatt für das Fürstentum Sigmaringen vom 11. März 1810.

10 Vgl. ebenda, 15. Jg. 1823 Nr. 28, S. 111/112.

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