Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0032
Hans-Dieter Lehmann

Tatsächlich lief die »gemeine Straße« von der Furt bei der Ödenburg91 am nördlichen
Neckarufer entlang und die Neckarhalde herauf. Die frühe Marktniederlassung erreichte sie
am Faulen Eck. Sie setzte sich fort durch die Kronenstraße und weiter in Richtung Lustnau.
Vor dem älteren Lustnauer Tor92 wird 1792 am Nordfuß des Osterbergs ein »gemeiner,
gepflasterter Weg« erwähnt93. Bequemer ist ein Ubergang vom Neckar- ins Ammertal kaum
denkbar - in Längsrichtung, nicht quer zum dazwischenliegenden Sattel!

Diese Führung der »gemeinen Straße« in der Frühzeit Tübingens macht die Platzwahl der
Pfalzgrafen für ihre Marktniederlassung und Burg Hohentübingen verständlich. Der Lustnauer
Übergang war von Tübinger Ministerialen gesichert, die Neckarfurt weiter flußaufwärts
durch eine kleine Burg, die in eine vorgeschichtliche Wallanlage eingebaut war. Schon bei ihrer
ersten Erwähnung 1291 - vielleicht sogar als Warte schon zur Zeit der Belagerung Tübingens
durch Kaiser Heinrich IV. 1078 dienend - trug sie den Namen Ödenberg94. Auch jenseits des
Neckars saßen mit den Hertern bei Dußlingen Tübinger Ministeriale.

ZUSAMMENFASSUNG

Direkte und indirekte Zeugnisse belegen eine Reichsstraße des Mittelalters, die auf der
Linie Tübingen-Rottweil-Schaffhausen östlich vom Schwarzwald lief. Zwar sind die urkundlichen
Nachrichten darüber dürftig, es lassen sich aber zahlreiche Belege für ihren Verlauf
erschließen aus Geländespuren, Gerichtsplätzen usw., vor allem aus Orts- und Flurnamen.
Mit der parallel laufenden römischen Militärstraße hat dieser Altweg nichts zu tun; seine
Entstehung wird in die fränkische Zeit datiert.

Dieser frühen Straße verdanken die Burgen Hohentübingen und Hohenzollern ihre
Gründung wie auch die Städte Tübingen, Hechingen, Balingen und Schömberg.

Probleme der Frühgeschichte der Stadt Tübingen lassen sich durch die Annahme dieses
Fernweges nach Süden lösen. Dies wiederum ist eine Stütze für die hier vorgelegte Führung
der frühen Königsstraße nach Rottweil und Schaffhausen.

91 Diese Furt kennt der Archäologe Peter Goeßler (wie Anm. 79), wenn er von mehreren alamannischen
Niederlassungen auf heutigem Tübinger Boden spricht, d.h. nach der Eingemeindung von Derendingen:
»... in Derendingen West - hier auf heutigem Tübinger Boden nahe einer uralten furtartigen Überquerung
des Neckars,...« Eimer (wie Anm. 80) hat ihn hier gründlich mißverstanden, wie aus seinem verfälschend
verkürzten Goeßler-Zitat hervorgeht.

92 Die Abgrabungen des 15.-19. Jahrhunderts für den Mühlkanal von der Ammer zum Neckar und die
heutige Mühlstraße haben hier die Topographie stark verändert (vgl. Anm. 85, S. 96).

93 P. Löffler: Goethes Besuch auf dem Osterberg zu Tübingen. In: Tübinger Blätter 22 (1931) S. 45.

94 Eugen Nägele: Von der Oedenburg. In: Tübinger Blätter 13 (1911) S. 53-57. - Gerhard Wein:
Mittelalterliche Burgen auf dem Ammerberg. In: Der Spitzberg bei Tübingen. Die Natur- und Landschaftsschutzgebiete
Baden-Württembergs 3. S. 3-7. - Die Überlegungen von Manfred Eimer: Was war
die Oedenburg? In: Zollerheimat 10 (1941) S. 7-12 dürften gegenstandslos sein. Eimer suchte hier die
Stammburg der Tübinger Pfalzgrafen und sah im Ammerhof und Schwärzloch jenseits des Spitzberges die
zugehörigen versorgenden Höfe. - Im ersten Teil seiner Ausführungen zur ältesten Geschichte Tübingens
und seiner Umgebung (Tübinger Blätter 29 [1938] S. 3) harte Goeßler den Durchgang unter der
Oedenburg für die römische Zeit zu Recht als verkehrsmäßig bedeutungslos beurteilt. Ein turmartiges
hölzernes Gebäude mit Ziegelbedeckung, exponiert auf die äußerste Spitze über dem Neckartal errichtet,
spricht er als eine Warte an, ohne dafür allerdings einen Zweck zu erkennen (Zeitschrift für Württembergische
Landesgeschichte 8 [1944-48] S. lf.). Der Bau besitzt eine Parallele in dem gallorömischen
Heiligtum auf der Schauenberger Fluh bei Äugst und dürfte ein römerzeitliches Heiligtum der einheimischen
Bevölkerung gewesen sein (vgl. Theodor Strübin: Das gallo-römische Höhenheiligtum auf der
Schauenburgerflue. In: Helvetia Archaeologica 5 (1974) S. 34-46 sowie Hans-Dieter Lehmann: Spurensuche
in der Großstadt: von Kapfen, Spielbergen und Wirtenbergen. In: Beiträge zur Namensforschung
NF 26 [1991] S. 185-214).

30


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0032