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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0088
Hans Albrecht Oehler

ihre Grenze, ja vielleicht schon darüber hinaus gefordert. Die Geschlossenheit und Eindringlichkeit
der Fresken der Ringinger Kapelle und der Weilheimer Kirche werden nicht mehr erreicht.

Das Burladinger Programm beginnt im schmalen westlichen Langhausjoch mit dem Bild der
Verklärung Jesu, der Begegnung mit Mose und Elias an der Schwelle der Passionszeit. Es ist,
soweit der jetzige Zustand des Bildes das beurteilen läßt, noch ganz im Stil der Bibel-Serien von
Weilheim und Melchingen gemalt. Dann öffnet sich ein weiter Deckenraum, und hier zeigt schon
die Form des Bildrahmens und der weiße Stuck, der zaghaft den Goldrahmen überspielt, einen
gewissen Rückfall ins Rokoko an. Dent wagt sich mit dem Olberg zum ersten (und letzten) Mal an
eine offene Landschaft, eine doppelte: im Osten erhebt sich der Olberg zwischen starren Palmen,
die sich unangemessen vordrängen, und einem deutschen Laubbaum, hinter dem der Mond steht.
In der Ferne erkennt man Jerusalem. Im Westen liegt vor einem ähnlichen Bergpanorama der
Garten Gethsemane mit den Szenen Judaskuß und Petrus-Schwertstreich. Seltsam verschroben
die Perspektive. Die Knechte mit ihren Feuerkörben hinter einer Bodenerhebung erscheinen
größer als die Protagonisten. Zwischen den beiden irdischen Szenen ist in der Bildmitte ein
schwefelgelber Glorienkreis recht hart in den violetten Nachthimmel eingeschnitten. Gott Vater,
über dem die Taube des Heiligen Geistes schwebt, schaut von dort, umgeben von Engeln, die die
Marterwerkzeuge tragen, hinunter auf Sohn, Kreuz und Kelch.

Die sandsteinfarbene Quadermauer mit der Treppe, vertraut von den Weihnachtsbildern
in Melchingen und Salmendingen, führt hinunter zu den Trümmern der Heidenwelt und
einem ihrer Vertreter, einer zerbrochenen Statue. An der Unterseite eines Gesimsstückes hat
Dent seine Signatur angebracht.

Das Chorfresko, in einem recht unglücklich geformten, vasenförmigen Stuckrahmen, dem
die Komposition widerstrebt, zeigt die Kreuzabnahme. Der überirdische Bereich ist diesmal in
einem hartbegrenzten tintenvioletten Oval untergebracht. Die zwei Schächerkreuze beherrschen
den Raum der Himmelsröte über dem Bergpanorama. Weit besser gelungen, wenn auch
nicht von Dent geprägt, ist die Mittelgruppe mit den Freunden, die Jesus vom Kreuz gelöst
haben und nun in ein Leichentuch aufnehmen.

Sechs Jahre später, 1778, ergibt sich für Dent ein letzter großer Freskenauftrag in Killer. Es
war auch einer der letzten größeren Kirchenräume, die Großbayer konzipiert hat, und wenn
in irgendeiner der Kirchen, die die beiden Meister gemeinsam geschaffen haben, die »textil-
hafte Gespanntheit der Raumgrenze«, die Wörner so anschaulich kennzeichnet, sichtbar wird,
so hier, umso mehr, als die Stuckausstattung das, ganz im Geiste des Frühklassizismus,
aufnimmt, insbesondere im Chor, wo das runde Deckenfresko wie ein Sonnensegel an
goldenen Ringen aufgehängt, an grünen Girlanden befestigt und mit den Zwickelschildern
verknüpft scheint32. Doch die Thematik der Fresken ist wieder ganz die der fünfziger und
sechziger Jahre. Für die Verehrung des Allerheiligsten Testamentes durch die vier Weltteile im
Chor kann Dent auf bewährte Muster zurückgreifen. Für seine Himmelfahrt Mariä im
Langhaus macht er eine Anleihe bei einem der Hauptwerke des Cosmas Damian Asam, dem
Aldersbacher Langhausfresko, und übernimmt dessen sandsteinrote Balustraden-Umrahmung
mit den Schwellungen der Längsseite und mit der kleinen Kanzel, die, von Schnecken
getragen, auf der Schmalseite hervorragt. Bei Asam hat sie eine wichtige Funktion. Der junge
Bernhard sieht von hier aus seine Weihnachtsvision. Das Wesen der Rokoko-Ästhetik des
vermittelten Bildes läßt sich aus dieser Szene erklären33. Für Dent bleibt dieser Platz leer. Er
verhängt ihn mit seinem geliebten Lückenbüßer, der roten Samt-Draperie. Uber den dunklen
Jüngern um den offenen Sarkophag und über dem lichtgrauen Architekturhalbkreis wird
Maria von Engeln über Spiegler-braune Wolken hinaufgehoben, zum gelben Glorienkreis.

32 Wörner (wie Anm. 2).

33 Hermann Bauer: Zum ikonographischen Stil der süddeutschen Rokokokirche. In: Münchner
Jahrbücher 1961. S.223.

S6


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