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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0092
Hans Albrecht Oehler

geschweiften Balustraden in warmem Sandstein-Rot sind wie auf einem mittelalterlichen oder
volkstümlichen Votivbild die an der Stiftung Beteiligten und Anteilnehmenden aufgereiht:
links die Männer, rechts die Frauen, links auf einer steinernen Schnecke zur Bildmitte hin
vorgeschoben der Herr, Graf Antonius von Attems, rechts ebenso der Ortsgeistliche, seine
Kapläne und dann zunächst die Ordensfrauen des kleinen Dominikanerinnenklosters gleich
neben der Kirche, das damals noch durch einen direkten Gang mit ihrem Nonnenchor
verbunden war. Dazwischen öffnet sich der Blick frei auf das Bild der neugestalteten Kirche,
die ihren alten steinernen Turm bewahrt hatte, mit Fachwerkgiebeln, die seither verschwunden
sind.

Zwischen Vordergrund und Fernblick und nach oben zu der himmlischen Szene über
beiden vermittelt eine Bogenarchitektur, von einer im Scheitel geöffneten kleinen Kuppel
gekrönt. Diese Architektur ist die zweite Anleihe unseres Malers bei von Ow und seinen
Sigmaringer Fresken. Sie gibt - auf vereinfachte Weise - den Bau aus dem Sigmaringer
Langhausfresko wieder und bestätigt so von anderer Seite aus unsere These, daß auch die
Komposition des Abendmahls nicht von Troger und aus Zwettl direkt, sondern auf dem
Umweg über von Ow und Sigmaringen übernommen worden ist. Von Ows grandiosem
Heiligen-Orchester um Maria als Königin der Märtyrer bleibt hier ein schlichtes Quartett von
Heiligen um Maria, unter der Dreifaltigkeit und im Verein mit ein paar schönen Engeln:
Johannes der Täufer, Joseph, Nikolaus und Sebastian, dessen Pfeil in der Hirrlinger Kirche
verehrt wurde43.

In schönem Rhythmus, den die Deckengemälde begleiten und betonen, spannt sich die
Decke über den Kirchenraum. Zu seiner »gespannten Flächigkeit«, so postuliert H. W. Wör-
ner, »gehört ... auch die auffallende Tatsache, daß in diesem Kirchenraum ausschließlich
gemalter Stuck auftritt« 44. Ob hier nur das Raumgefühl am Werk war, ob nicht vielleicht auch
ökonomischer Zwang mitbestimmte ? Jedenfalls zeigen die Bildrahmungen und insbesondere
auch die tulpenförmigen Kartuschen deutlich, daß hier der Baumeister die Ordnung der Bilder
bestimmte, ohne Hilfe, aber auch ohne Einengung durch einen Stuckateur.

Die St. Vitus-Kirche in Frommenhausen ist wie eine kleine Schwester der St. Martins-
Kirche in Hirrlingen. Das gilt für Bau und Ausmalung. Die Malerei allerdings wirkt naiver als
dort. Nur die bescheidenere Begabung war am Werk, wenn es sich denn um zwei Maler
handeln sollte, eher noch Gehilfen, wo die Gesichter einfältig, die Hände ungeschickt verzerrt
wiedergegeben sind.

Wie in Hirrlingen füllt ein Rundbild die Chordecke, diesmal mit dem Martyrium der
Heiligen Katharina. Zwischen ihr und dem mehr als bäuerlich einfachen Wendelin das
Widmungsbild, diesmal in geometrischem Rahmen. Von der Doppelbalustrade reicht hier der
linke Teil aus. Auch hier kniet der Ortsgeistliche, - Hirrlingen und Frommenhausen sind in
einem Pfarrsprengel vereint, es ist also derselbe -, auf der steinernen Volute. Sein Birett hat er
an der nämlichen Stelle, vor dem Prospekt der Kirche abgelegt. Hinter ihm steht anbetend der
Ortsherr, hier ein Herr von Wagner, gefolgt von Familienangehörigen und Honoratioren.
Von der von Owschen Architektur bleibt ein einziger vasengekrönter Bogen übrig, den oben
Wolken verdecken. Dort thront unter dem Bild Marias nur noch ein Heiligen-Duo: Vitus und
Katharina.

Darunter das Bild der neuen Kirche. Die Kirche in der Kirche. Die bescheidene Darstellung
gab der Bauforschung den Beleg für die ursprüngliche Gestaltung der Außenhaut des
Bauwerks, wie man sie auch für andere Kirchen Großbayers annehmen darf: nicht einfach
weiß getüncht, sondern durch gemalte Architekturmotive - Pilaster oder Lisenen - so

43 Kurz (wie Anm. 36) S. 108.

44 Wörner (wie Anm. 2) S. 109.

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