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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0104
Michael Matzke

2. GESCHICHTE UND BESCHREIBUNG DER GNADENKAPELLE

Schon 1863/64 bei den Restaurierungs- und Herrichtungsarbeiten der Gebäude des
ehemaligen Augustinerchorherrenstifts Beuron legte der benediktinische Prior und spätere
Erzabt Maurus Wolter das Gelübde ab, für das Beuroner Gnadenbild, eine Pietä aus dem
Umkreis des Meisters von Eriskirch, eine Kapelle zu errichten, wenn sie beistehe, binnen 33
Monaten die wider Erwarten gestiegene Bauschuld zu tilgen*. Die Gebrüder Maurus und
Placidus Wolter, geboren in Bonn, die Gründer Beurons und der Beuroner Kongregation,
waren nämlich in besonderer Weise mit dem aufblühenden Marienkult verbunden, da sie als
Zeitgenossen des großen katholischen Theologen, Dogmatikers und Mariologen, Matthias
Joseph Scheeben, schon vom rheinischen Katholizismus und später ganz besonders durch
ihren Aufenthalt in Rom, S.Paolo fuori le mura (1855-1860), mit der Marienverehrung
vertraut waren. Daher stellte sich Maurus Wolter zum Beispiel auch unter den persönlichen
Schutz der Gottesmutter und führte ein Abtwappen mit mariologischen Bezügen.

Erst nach langer Zeit des Aufbaus und der Konsolidierung der Klostergründung, aber auch
nach Abklingen der Wirren des Kulturkampfes im preußischen Hohenzollern konnte man
sich gegen Ende des Jahrhunderts der Erfüllung des Gelübdes widmen: 1896 wurde an den
Klosterarchitekten P.Mauritius Gisler der Auftrag vergeben, Pläne für eine Pfarr- und
Gnadenkapelle zu entwerfen. Nach Beratungen zwischen dem Architekt und der Baukommission
wurden die Pläne im September 1897 von Erzabt Placidus Wolter gebilligt, und am
Pfingstmontag 1898 wurde feierlich die Grundsteinlegung vorgenommen - 35 Jahre nach der
feierlichen Wiedereröffnung der Wallfahrt zum Beuroner Gnadenbild der Schmerzhaften
Muttergottes, Pfingsten 1863. Nach kurzer Bauzeit konnte schon im Mai 1899 die Weihe der
Kapelle durchgeführt werden.

Den Entwurf für die Ausschmückung fertigte P. Paul Krebs, der Direktor der Beuroner
Kunstschule, 1899 an, während der »Altmeister« der »Beuroner Schule«, P. Desiderius Lenz,
mit einem Teil der Schule in Italien an der Krypta von Montecassino arbeitete. In den Jahren
1901 bis 1903 beziehungsweise 1904 (mit Krypta) wurden die Entwürfe von dem in Beuron
verbliebenen Teil der Kunstschule unter der Leitung desselben P.Paul Krebs ausgeführt.
Dabei mußte 1902 eine kurze Arbeitspause eingelegt werden, um unter Beratung des P. Ludger
Rincklage aus Maria Laach einige architektonische Veränderungen zur Verbesserung der
Statik und der Funktionalität vornehmen zu können. Am 10. Juli 1904 wurde die feierliche
Übertragung des Beuroner Gnadenbildes von ihrem langjährigen Provisorium in die fertiggestellte
Gnadenkapelle mit größtem Aufwand vorgenommen: mit einer großen Prozession, mit
Pontifikalmesse und Pontifikalvesper in Gegenwart des Bischofs von Rottenburg, von Kepp-
ler, des Abtprimas der Benediktiner, vier weiterer Äbte und mit päpstlichem Segen (inclusive
vollkommenem Ablaß).

Der relativ kleine Bau erfüllt erstaunlich viele Funktionen. Denn es handelt sich dabei
nicht nur um eine Pilgerkapelle, die dem hochverehrten Gnadenbild und seinen Pilgern einen
würdigen Rahmen bieten soll, sondern sie sollte auch als Pfarrkapelle kleinen Gottesdiensten,
der Aufbewahrung des Allerheiligsten und der Spendung der Kommunion bei Festgottesdiensten
am Hochaltar der Kloster- und Pfarrkirche dienen. Außerdem war die kryptaförmige
Unterkapelle für Exerzitien und religiöse Versammlungen bestimmt.

Die Gnadenkapelle ist ein querhausartiger Anbau an der Nordseite der Beuroner Kloster-
und Pfarrkirche und ragt in das abschüssige Gelände des Friedhofs5. Während der Außenbau

4 Vgl. hierzu und zum Folgenden: Schwind (wie Anm. 2). T. I S. 77ff.; T. III S. 87-91; P. Virgil Fiala:
Ein Jahrhundert Beuroner Geschichte. In: Beuron. 1863-1963. Festschrift zum hundertjährigen Bestehen
der Erzabtei St. Martin. Beuron 1963. S. 39-230, hier S.42ff.

5 Vgl. zum Folgenden: Schwind (wie Anm. 2). T. III S. 155-163; Kloster- und Wallfahrtskirche Beuron,
Beuron 1990, S.24ff. - Die Maße betragen: 18m Länge; 13,6m Breite; Durchmesser der Vierungs-
Flachkuppel: 8m. Grundriß des heutigen Zustands: Abb. 1.

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