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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0204
Neues Schrifttum

den Ausführungen und Literaturangaben von Ludwig Wamser über die Abschnittsbefestigung
auf dem Gaiberg bei Neustadt/Main deutlich hervor (in: 1250 Jahre Bistum Würzburg. 1992.
S. 172f., leider ohne Kenntnis oder Nennung der Arbeit Schneiders).

Hinzuweisen ist auch auf die Nachweise zu bis in die Neuzeit belegten Burgwerkspflichten
bei der Stadt Fürstenberg, bei der Schalksburg und bei der Stadt Tengen, die Schneider mit
»hoher Wahrscheinlichkeit« in die Ungarnzeit zurückdatiert. Solche Rückprojektionen sind
bei ihm nicht selten, doch dürfte in der von ihm allzu unkritisch akzeptierten »Kontinuitätsprämisse
« einer der zentralen Schwachpunkte der Argumentation liegen. Auch wenn man
zugestehen muß, daß »ältere« (frühmittelalterliche) und »jüngere« (hoch- und spätmittelalterliche
) Burgwerkspflichten in einem engeren genetischen Zusammenhang stehen, als die
Forschung lange Zeit wahrhaben wollte, gehen solche Angaben über das Alter spät bezeugter
Burgwerkspflichten m.E. doch zu weit. Dessen ungeachtet ist Schneiders Heft XVI ein
anregender Beitrag zur frühmittelalterlichen Wehrverfassung, der sowohl von Historikern als
auch von Archäologen herangezogen werden sollte.

Auch bei der Anzeige der beiden dickleibigen Bände zu kirchengeschichtlichen Themen
kann ihr Inhalt hier nur unzureichend vorgestellt, geschweige denn kritisch gewürdigt
werden. Der erste Teil von Heft XVII (Nachträge: XIX, S. 306-316) beschäftigt sich vornehmlich
mit »Genossenschaftskirchen«, wobei wieder allgemeine Ausführungen und
Begriffsbestimmungen neben z.T. breit angelegten Fallstudien (Leutkirch im Allgäu und der
Nibelgau, Haisterkirch, Laupheim, Schwörzkirch, Hohentengen, Zwiefalten, Löffingen,
Musdorf) stehen. Schneider plädiert dafür, »daß der Genossenschaftskirche ein weit höherer
Stellenwert zukommt, als man ihr bis jetzt zubilligen möchte« (S. 1). Da Schneider (mit guten
Gründen) darauf insistiert, daß die ältere »Lehre von der Markgenossenschaft« ohne hinreichende
Gründe und ohne überzeugendes Gegenmodell abgelehnt wird, ist es nur konsequent,
wenn er Kirchen in den Blick nimmt, die von Sippen, Markgenossenschaften, Dörfermarken
und sonstigen Siedlungsverbänden wie Gauen und Hundertschaften getragen wurden. Bei den
vergleichenden Studien Schneiders fällt einiges Licht z. B. auch auf die Anfänge der Kirchenpflegschaft
und die sog. »Feldkirchen«. Wenn man etwa die extrem anmutenden Ausführungen
in einem 1989 erschienenen bayerischen Atlasband über die Unvereinbarkeit von Eigenkirche
und Pfarrorganisation liest, die noch ganz im Bann der Lehre von der »Adelsherrschaft
« stehen (Gottfried Mayr: Ebersberg, S. 56), wird man auch manche Hypothesen
Schneiders als gebotene Gegenreaktion verstehen können. Für eine Neubewertung des genossenschaftlichen
Elements im Niederkirchenwesen der quellenarmen Zeiten des Früh- und
Hochmittelalters ist jedenfalls bei Schneider erhebliches Material zusammengestellt und
aufbereitet worden.

Der Rest des Heftes erörtert die Glaubwürdigkeit hagiographischer Quellen aus St. Gallen,
insbesondere die Vita s. Galli vetustissima, die Schneider in das Ende des 8. Jahrhunderts
datieren möchte. Eingehend besprochen werden auch das Gallus-Problem, der »Fluch von
Tuggen« der jüngeren Gallusviten, die Nennungen von Waltram und Nebi und die Wunderheilung
der Fridiburga. Nach Ansicht Schneiders wurde sowohl die Gründungsgeschichte
St. Gallens als auch die der Reichenau im prokarolingischen Sinn »umgeschrieben«. Der
skeptische Standpunkt zur Glaubwürdigkeit der klösterlichen Quellen wird durch hagiogra-
phisches Vergleichsmaterial und Zitate aus der wissenschaftlichen Diskussion untermauert.
Schneider bezweifelt auch einen »echten Kern« der sog. Reichenauer Gründungsurkunde,
wobei er den ungedruckt gebliebenen Bedenken von Alois Schütz durch ausgiebige Zitate
mehr Gehör verschafft. Daß die Suche nach einem »echten Kern« späterer Überlieferungen
allzu oft zu Fehlschlüssen führt, hat auch F. Graus wiederholt betont. Die vermeintliche
»Hyperkritik« der älteren Forschung erweist sich auf lange Sicht, wie ich meine, als überzeugendere
Alternative. Schneiders hartnäckige und vor allem quellennahe Kritik an moderner
»Leichtgläubigkeit« sollte auf keinen Fall übersehen werden.

Dies gilt auch für die ausführliche Untersuchung der Dagobert-Traditionen (S. 1-195) im

202


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