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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1993/0216
Neues Schrifttum

Begonnen wird mit einem Aufsatz über ein Ereignis, welches das heutige Stadtbild Singens in
markanter Weise prägt. Gemeint ist die Zerstörung des Hohentwiel, dessen Ruinen die Stadt
weithin sichtbar überragen. In packender Weise schildert Berner die Vorgänge während der
Koalitionskriege, in deren Verlauf die Feste im Jahre 1800 geschleift wurde. Leider wird kaum
darauf eingegangen, wie der Hohentwiel an Württemberg überging. Der Autor merkt zwar
selbst einmal das Versäumnis an (S. 109), macht es aber in keinem seiner im vorliegenden Band
veröffentlichten Aufsätze »gut«. Eine interessante Momentaufnahme der Verfassung und
sozialen Verhältnisse Singens bietet der Beitrag über die »Gemeinde Singen 1859«. In einem
eigenen Protokoll sind die für einen Badener und Singener so wichtigen Ereignisse der
Sylvesternacht 1968/69 festgehalten, als die Feste Hohentwiel in die Singener Gemarkung
gelangte und damit recht eigentlich wieder badisch wurde. Aus diesem Anlaß veröffentlichte
der Autor auch die »Hohentwiel-Miniaturen«. Schließlich untersucht Berner auch die grund-
und ortsherrlichen Verhältnisse Singens in der frühen Neuzeit.

Einzelnen Orten und ehemaligen Herrschaften des Hegau ist ein weiterer Abschnitt des
Buches gewidmet, namentlich den Städten Stockach, Aach und Engen. In der Abhandlung
über die Herrschaft Bodman geht Berner u.a. auf die Revolution von 1848 ein, wobei sich
wieder einmal zeigt, daß den von der Bevölkerung vorgebrachten Beschwerden noch stark der
Charakter der frühneuzeitlichen bäuerlichen Gravamina anhaftete. Die Kontinuität über das
Ende des alten Reiches hinaus wird sichtbar.

Ein weiterer Zyklus von Aufsätzen enthält Biographien, von denen sich die erste mit dem
Bodmaner Kommunalpolitiker Paul Weber befaßt, der zeitweilig auch südbadischer Landtagsabgeordneter
war. Besonders ist auf die Biographie Karl Siegfried Baders hinzuweisen, in
deren Anhang sich eine Kurzbibliographie mit Aufsätzen Baders zum Hegau findet.

Wie breit das Spektrum der von Berner verfaßten Arbeiten ist, zeigen die Aufsätze, die
Kunst und Künstler des Bodenseeraums zum Inhalt haben. Die Arbeiten geben einen
interessanten Ein- und Uberblick über das Thema.

Abschließend wird mit der »Fasnacht« noch ein weiterer Arbeitsschwerpunkt Berners
präsentiert. Eingeleitet wird der Beitrag »Fasnacht und Historie« von einer Auseinandersetzung
mit der Volkskunde. Es folgt eine wichtige Quellenkunde zur Fasnachtsgeschichte,
worin Quellen zum Thema Fasnacht vom Mittelalter bis in die Neuzeit präsentiert werden.
Zum Vergleich mit anderen Städten lädt der Aufsatz über Sitte und Brauch im Landkreis
Konstanz ein. Detailliert ist das Brauchtum während eines Jahreslaufs erfaßt. Über den von
1961 bis 1968 existierenden Tübinger Arbeitskreis für Fasnachtsforschung, der zahlreiche
Anregungen für die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Fasnacht gab, informiert der
vorletzte Beitrag. Auf eine ganz besondere Art der »Fasnacht« lenkt der letzte Aufsatz den
Blick, nämlich auf das jüdische Purimfest, das zur Erinnerung an die Errettung der Juden im
Perserreich im 5. Jahrhundert v.Chr. gefeiert wird. An Purim kann es Unordnung geben, darf
die Welt verkehrt sein und ansonsten verpönter Luxus herrschen. Wie sich das Purimfest
genau entwickelte, scheint bislang kaum erforscht zu sein, Verbindungen mit der Venezianischen
Fasnacht seit Beginn des 17. Jahrhunderts deuten sich an. Gerade in Gailingen, einem
ehemals reichsritterschaftlichen Dorf mit einem hohen Anteil an jüdischen Einwohnern,
entwickelte sich im 19. Jahrhundert aufgrund der Nähe zur Fasnacht und unter Einfluß
derselben eine besondere Art des Purimfeierns. Die jüdische Gemeinde besaß gar einen
eigenen Narrenverein, der die Feiern organisierte, die in einem Umzug, der jeweils unter
einem eigenen Motto stand, gipfelten. Zu kritisieren ist an diesem Aufsatz allerdings, daß mit
keinem Wort auf das Schicksal der Gailinger Juden während der Nazibarbarei hingewiesen
wird. Es läßt sich deswegen auch nur vermuten, daß das Gailinger Purim damals sein Ende
fand.

Eine reiche Bebilderung, Orts- und Personenregister sowie ein Verzeichnis der Veröffentlichungen
Herbert Berners runden den Band ab, wobei es nicht geschadet hätte, wenn eine
neuzeitliche Karte zur Orientierung beigefügt worden wäre.

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