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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0028
St. Fidelis

des Klosters Feldkirch (wo er schon 1620 kurze Zeit gewirkt hatte). Er zeichnete sich als
exzellenter Prediger und energischer Verfechter der Gegenreformation aus. Gegen eine Frau
in Feldkirch, die den Glauben an das Fegefeuer ablehnte und sich damit als Anhängerin
reformatorischen Gedankenguts auswies, führte er ein Inquisitionsverfahren durch, das mit
der Verbannung der Frau endete. Auf sein Betreiben traf der städtische Rat in Feldkirch ferner
Maßnahmen, um die Verbreitung solcher Bücher und Schriften zu unterbinden, deren Inhalt
gegen die katholische Glaubenslehre verstieß.

Feldkirch gehörte zum Bistum Chur, und deshalb war es beinahe selbstverständlich, daß
Fidelis, der Guardian des dortigen Kapuzinerklosters und engagierte Kämpfer für die katholische
Glaubenslehre, in die politischen und konfessionellen Auseinandersetzungen in Graubünden
hineingezogen wurde.

Graubünden (in den Quellen nach der römischen Provinz Raetia prima auch Rätien
genannt) war ein Freistaat, gebildet aus drei Zusammenschlüssen geistlicher und weltlicher
Herrschaften, nämlich dem Grauen Bund, dem Gotteshausbund und dem Zehngerichten-
bund. Diese drei Bünde waren im Spätmittelalter zur Friedens- und Rechtswahrung entstanden
. Seit den 1520er Jahren hatte die Reformation Eingang in dem Land gefunden, sich
allerdings nicht überall durchsetzen können. So gab es zwei Parteien, die Anlehnung an
auswärtige Mächte suchten: die katholische bei den Habsburgern, das heißt bei Osterreich
und Spanien (zu dem damals unter anderem das unmittelbar im Süden angrenzende Herzogtum
Mailand gehörte), die protestantische bei Venedig und Frankreich. Daß es sich dabei
sämtlich um katholische Mächte handelte, zeigt, daß diese sich in dem durch seine Pässe
strategisch wichtigen Land nicht um des Glaubens willen, sondern aus machtpolitischem
Interesse engagierten. Die konfessionellen Gegensätze in Graubünden wurden verstärkt und
überlagert von innenpolitischen und nationalen, denn italienischsprachige, überwiegend
katholische Untertanenlande - das Veltlin, Bormio und Chiavenna - waren von der politischen
Mitwirkung ausgeschlossen. Auf allen Seiten war die Gewaltbereitschaft groß: Im
Süden wurden unter Einfluß des Mailänder Erzbischofs Carlo Borromeo Protestanten als
Hexen und Hexenmeister verfolgt, Protestanten ihrerseits folterten unter anderem 1618 einen
katholischen Priester zu Tode und ermordeten drei Jahre später den zum Katholizismus
konvertierten Anhänger der spanisch-österreichischen Partei Pompeius Planta. 1620 erhoben
sich die Veltliner, brachten im »Sacro macello« (heiligen Gemetzel) über 500 Protestanten um
und fielen mit spanischer Rückendeckung von Graubünden ab. Eine mißglückte Strafaktion
der Graubündner gegen die Veltliner bot Spanien und Osterreich 1621 den Anlaß zur
militärischen Intervention. Das Münstertal, das Unterengadin, Davos, der Prättigau, das
Schanfigg und Beifort wurden von Graubünden getrennt und Österreich zugeteilt. Sogleich
begann Erzherzog Leopold, der neue Herr, mit der Rekatholisierung. Und wer bot sich als
Missionsprediger besser an als die Kapuziner?

Fidelis kam im November 1621 als Soldatenseelsorger - eine Aufgabe, die er bereits in
Feldkirch wahrgenommen hatte - zum ersten Mal nach Graubünden. Zu Beginn des folgenden
Jahres erhielt er dann einen offiziellen Missionsauftrag. Er sollte vornehmlich den
Prättigau (ein Hochtal mit den Hauptorten Grüsch, Klosters, Schiers und Seewis) für die
katholische Kirche zurückgewinnen als Seelsorg der Vnseeligen Bretengäuer, wie er sich selbst
bezeichnete. Und er hatte einige spektakuläre Erfolge. Nach jeweils langen Diskussionen
erreichte er, daß einige Adlige konvertierten. Dies zeigt zweierlei: Zum einen, wie Fidelis
taktisch klug versuchte, mit den Angehörigen des Adels Meinungsführer der damaligen
Gesellschaft für den katholischen Glauben einzunehmen, denn wie er einem Mitbruder sagte,
ihnen folge das Volk lieber nach und außerdem könnten sie Konvertiten niederen Standes
einen tatkräftigen Schutz gewähren. Zum anderen, daß er bei seiner Mission auf Überzeugungsarbeit
setzte, nicht auf Gewaltandrohung. Auch in einem von Fidelis konzipierten
Religionsmandat, das der österreichische Oberbefehlshaber, der Oberst (Colonel) Baldiron,
im April 1622 verkündete, kommt zum Ausdruck, welches Gewicht Fidelis auf die freie Gewis-

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