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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0053
St. Fidelis

vorhergehende Nacht standen unsere Reiter trotz des strömenden Regens auf den Wachtposten
. Ebenso brachte man von Innsbruck zwei Kanonen für das Castell Gutenberg. Eine
Schar Soldaten, Fußtruppen sowohl als Reiterei, rückte auf Befehl ganz unerwartet ins
Montafon ein, um den Prättigauern, welche auf uns einen Angriff zu machen drohen, den Weg
zu versperren. Neue Wälle umschließen auch den Paß bei Vaduz. In Summe: Alles weist auf
Krieg, ja ruft nach Krieg. Kein Friede ist auf Erden und es ist auch nicht zu wundern, denn die
Menschen haben keinen guten Willen mehr. Die Graubündner sollen einen solchen Mangel an
Salz haben, daß sie um 6 Batzen nur zwei Handvoll davon kaufen können. Man wird wenig
versalzenen Käse essen. Es ist also zu fürchten, daß der Hunger den Wolf aus dem Walde aufs
Feld treibt, wie ein französisches Sprichwort sagt. Was (sage ich) zu fürchten? Sie drohen dies
ja ganz offen! So auch schrieb der Hochwürdigste Abt aus Pfäfers, sie seien schon im
Anmarsch. Wenn auch die Unsrigen dies Alles als leere Drohungen zu verachten scheinen,
dennoch vernachlässigen sie es keineswegs, unterdessen gute und fleißige Wachen aufzustellen
. Siehe, eine unserer Nöte. Vernehme man auch die zweite und vielleicht noch mehr Gefahr
bringende (wenigstens für uns arme Kapuziner). Hier grassiert mit Heftigkeit und traurigen
Folgen die Ruhrkrankheit und ist um so gefährlicher, weil sie selten weicht, ohne als
Lebewohl die Pest zu hinterlassen.

Sei dem, wie ihm wolle, ob wir leben oder sterben, wir sind des Herrn. Haben wir Gutes
empfangen, warum sollen wir nicht auch das Üble ertragen. Wenn einmal, so leuchtet jetzt
überzeugend die Wahrheit: Glücklich die Toten, die im Herrn sterben. Mehr zu schreiben bin
ich verhindert, da ich gerade von der Feder weg zum kranken Herrn Fähnrich von Baieon
gerufen werde. Es lebe also Euere Hochwürdigste Herrlichkeit recht wohl und ich bitte Sie,
daß Sie auch inskünftig mich, ihren armseligen Diener, bestens empfohlen sein lasse. Bezüglich
meiner Ankunft bei Euerer Hochwürdigsten Paternität kann ich nichts Sicheres versprechen
. Gehäufte Ursachen binden mich sozusagen hier fest an. Eure Paternität lebe und lebe
wiederholt gesund und regiere noch lang in ihrer anerkannten Milde in Christus.

Am 16. August in Feldkirch 1621.

Euerer Hochwürdigsten Herrlichkeit
Diener in Christo

Frater Fidelis, unwürdigster Kapuziner, der bald hernach eine Speise der Würmer sein wird.

Übersetzung eines lateinischen Briefs des Fidelis an Abt Placidus Vigell von Meh-
rerau, 5. Januar 1622 (Kapuzinerkloster Feldkirch; zitiert nach: Ferdinand della
Scala: Der heilige Fidelis von Sigmaringen, Mainz 1896, Anhang S. 13f.)

Der Friede Christi und ein sehr glückliches Jahr!
Hochwürdigster und in Christus verehrungswürdigster Herr Abt !

Ihr Schreiben habe ich zusammen mit dem überaus reichlichen Almosen Euerer Hochwürdigsten
Herrlichkeit in gebührender Ehrfurcht empfangen und nicht ohne tiefe Bewegung Ihren
Mißmut wahrgenommen; zu dessen vollständiger Verscheuchung halte ich unter allen Mitteln
für das beste den Rat, welchen der Uberlieferung nach der heilige Chrysogonus der heiligen
Märtyrerin Anastasia gegeben haben soll, nämlich daß sie innerlich jenen Spruch des
41. Psalms zum Himmel sende: Warum bist du traurig, meine Seele, und warum verwirrest du
mich? Hoffe auf Gott, denn ich werde ihn noch preisen: das Heil meines Angesichts und mein
Gott. Durch diesen Spruch im Herzen gesagt vermögen Euere Hochwürdigste Herrlichkeit

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