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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/zhg1996/0063
St. Fidelis

daß sie aus der Predigt einen geistlichen Nutzen schaffen mögen und gedenken, daß den
Zuhörern nicht gebühret, daß sie da in der Kirche wollen sich benehmen als Richter der
Priester, sondern als Zuhörer, welchen da gesagt wird: Was sie immer euch sagen werden, das
beobachtet und tuet, und nicht urteilen von der Vollkommenheit oder Unvollkommenheit des
Priesters, da solches unrecht ist und nur Gott dem Herrn gehört, dessen Person und Statt die
Priester vertreten, und darum ihm höchlich mißfallet. Inmaßen Christus sagt, Lukas 10: Wer
euch hört, der hört mich, wer euch verachtet, verachtet den, welcher mich gesandt hat. Als
wollte er gesagt haben, welcher meine Diener und meine von mir Abgesandten verachtet, der
verachtet die ganze heilige Dreifaltigkeit, Vater, Sohn und heiligen Geist. Da wie Alexander
VI. an den Sachsenherzog schreibt: Das Gebot: Der Mensch soll die Eltern in Ehren haben
und die Übertreter des Todes schuldig sein, versteht sich nicht allein von den fleischlichen und
leiblichen Eltern, sondern von denen, welche uns in Christus wiedergebären, die uns zu
Christen machen, die uns die Sünden nachlassen, die uns vom ewigen Tod erretten, die uns mit
himmlischen Sakramenten speisen; diese sind wir schuldig zu verehren, wohlgewogen und
geneigt zu verbleiben, damit der Same bei uns nicht zu Grunde gehe, sondern in ein gutes
Erdreich falle und viele Frucht bringe.

Fünftens soll ein andächtiger Zuhörer dies merken, daß, wann er unter dem Predigen mit
einer Sentenz oder heiligen Exempel würde beweget, so soll er dasselbe Sentenz und Exempel
fleißig fassen und behalten und deshalb etwa mit einem inbrünstigen Schußgebetlein zu Gott
seufzen und sprechen zum Herrn auf solche oder dergleichen Weise: Siehe, mein Gebliebter
redet zu mir, schon ertönt seine Stimme in meinem Innern; oder: Gott sei mir armen Sünder
gnädig! Erleuchte meine Augen, damit ich nicht im unglückseligen Tode entschlafe; oder:
Lehre mich, Herr, deinen Willen tun. Erneuere den rechten Geist in meinem Innern; oder:
Richte du meine Wege ein, o Herr, zu tun deinen heiligen Willen. Mit solchen und dergleich
Schußgebetlein kann ein andächtiger Zuhörer die gehörte Sentenz oder das heilige Exempel
fassen und behalten. Wozu dann die seligste Jungfrau Maria mit ihrem Exempel ermahnt,
wovon der heilige Lukas also schreibt: Maria aber behielt und erwog alle Worte in ihrem
Herzen, soll derohalben ein andächtiger Zuhörer allezeit das, was ihm am meisten beweget
und ihm am meisten dienet, in seinem Gedächtnisse behalten, mit sich herum tragen und den
Seinigen mitteilen, welche er zu unterrichten schuldig ist, und billig deswegen, da der
Menschen Gewohnheit ist, daß sie unnützliches, das, was schlecht und vielleicht nicht wahr
ist, dennoch bei den Ihrigen erzählen, denen noch solches zu wissen wenig oder nichts daran
gelegen ist. - Warum soll da einer nicht dasjenige, welches er in der Predigt gehört und das
ganz wahr ist und das jedem männiglich zu wissen nötig ist, nicht auch erzählen und ihnen zu
wissen machen; sonders ein Freund dem andern, ein Vater dem Sohn, eine Mutter der
Tochter, eine Frau der Magd, ein Herr dem Knecht - desto mehr, weil die Eltern, wie auch
Herr und Meister und Frau schuldig sind, ihren Kindern und Ehehalten, Magd und Knecht,
welche sie an Sonntag und Feiertag aus billiger Ursache nicht zur Predigt schicken können,
solche, sage ich, sind schuldig, jenen für die Predigt überhaupt einen geistigen und auf diesen
Tag gereimten Sermon zu lesen oder sonsten ein anderes geistliches Buch und jenen auch die
Predigt, welche sie nicht verstanden haben, zu erklären.

Dies, weil die Eltern gegen ihre Kinder und die Meister und Frauen gegen ihre Dienstboten
schuldig sein, so ist nützlich, ja notwendig, daß sie bei der Predigt desto fleißiger aufmerken
und für die übrigen auch was behalten. Derohalben, wer Ohren hat zu hören, der höre und
halte fleißig oben erzählte fünf Pünktlein. Erstlich, daß er auf erzählte drei Punkte in eines
oder alle drei sich fürsetze, warum er die Predigt anhören soll. Und daß er, um solches zu
erlangen, die Gnade Gottes anrufe. Zum dritten, daß er vom Anfang bis zum End der Predigt
still, aufmerksam und demütig beiwohne. Zum vierten, daß er gegen den Prediger, als gegen
den Verwalter Christi, wohl geneigt sein und jenen für seinen geistlichen Vater halte. Zum
fünften und letzten, daß er dasjenige, welches ihn in der Predigt am meisten beweget, durch
ein inbrünstiges Schlußgebetlein aufnehme und in dem Gedächtnisse für sich und die Seinigen

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